Lesehinweis: Prof. Wolfgang Donsbach kommentiert Bericht über Orosz-Büro

Lesehinweis: Prof. Wolfgang Donsbach kommentiert Bericht über Orosz-Büro

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Lesehinweis: Prof. Wolfgang Donsbach kommentiert die aktuelle Berichterstattung der Dresdner Medien zur Personalsituation im Büro der Oberbürgermeisterin. Überschrift seines Kommentars: "Das Ende des Journalismus - wie wir ihn kennen".

Konkret regt sich Donsbach über einen Artikel der "DNN" auf, der den Titel trägt: "Oro-Virus im OB-Bereich?" Dazu hat die "DNN"-Redaktion das Gesicht der Oberbürgermeisterin Helma Orosz in einen gemalten Virus montiert (s. Ausschnitt oben) - das Bild hatte Chefredakteur Dirk Birgel am Freitag stolz getwittert.

Wörtlich schreibt Donsbach zu dem Bericht:

"Was hat das noch mit Journalismus zu tun, wenn aus einigen kranken Mitarbeitern und wenigen Versetzungen ein 'Oro-Virus' wird, wenn mit Unterstellungen und wüsten Behauptungen versucht wird, krampfhaft eine Story am Köcheln zu halten, die - bis mir einer medizinisch handfest das Gegenteil beweist - aus den Fingern gesogen ist?"

Hintergrund ist, dass im Rathaus im direkten Umfeld der Oberbürgermeisterin ein hoher Krankenstand herrscht. Für einige Dresdner Journalisten offenbar Anhaltspunkt, auch über die Fähigkeiten der OB als Chefin zu mutmaßen (Hinweis des Autors: Ich habe die Berichterstattung nicht verfolgt und kann folglich die Quellenlage zum Thema nicht einschätzen, owy). Manchmal wird da auch schon mal die Berichterstattung der anderen Medien als unterstützendes Argument herangezogen - ein Beispiel dafür hatten wir vor einigen Tagen auf der Flurfunk-Facebook-Fanpage dokumentiert (mit sehr lesenswerten Folge-Kommentaren, in denen u.a. festgestellt wird, wer die Geschichte zuerst hatte!).

Donsbach, der über sein eigenes TV-Format "dpunkt – es geht um Dresden" in direktem Kontakt mit dem OB-Büro steht, schreibt in seinem Kommentar:

"Mit kritischem Journalismus hat das nichts zu tun. Da halte ich es mit der Wissenschaftstheorie des Karl Popper: 'Kritisch' ist in erster Linie das permanente Infragestellen der eigenen Vermutungen. Aber diese Art von Journalismus folgt eher der Maxime 'Ich lasse mir durch Recherche doch nicht meine Story kaputt machen'…"

Ironie der Geschichte: Der "DNN"-Text verweist am Ende auf einen Gastvortrag am Institut für Kommunikationswissenschaft zur Zukunft des Journalismus. Donsbach dazu:

"Nehmen wir es als Selbstironie, als letzten Versuch, aus einem professionellen Unfall noch so etwas wie eine Glosse zu machen".

Hier finden Sie den ganzen Donsbach-Kommentar mit dem Titel: "Das Ende des Journalismus - wie wir ihn kennen". Der "DNN"-Artikel ist online nicht zu finden - Prof. Donsbach hat ihn lesbar in seinem Blog fotografiert.

Nachtrag: Wer wissen will, was die OB zum Thema sagt, höre Radio Dresden. Hier geht es zum Interview mit Helma Orosz: "Personaldebatte im Büro von Oberbürgermeisterin Orosz".

5 Kommentare
  • Dirk Birgel
    Januar 30, 2011

    Ich weiß nicht, wie intensiv der von mir geschätzte Prof. Donsbach die Berichterstattung der DNN zu den hohen Krankenständen im OB-Bereich verfolgt hat. Ich weiß aber, wie intensiv der Kollege Redemund recherchiert hat. Mehrere frühere und aktuelle Mitarbeiter der OB stützen unabhängig voneinander befragt unsere These, dass das Arbeitsklima im OB-Bereich nicht das allerbeste ist, um es bedächtig auszudrücken. Die OB hat übrigens eine seit längerem gestellte Anfrage, wie hoch der Krankenstand in ihrem Bereich im Vergleich zu ihrem Vorgänger ist, unbeantwortet gelassen. Wir werden weiter dranbleiben und uns auch künftig eine durchaus ironische Visualisierung nicht verkneifen. Prof. Donsbach hingegen sollte sich hinterfragen, ob er zur OB den nötigen Abstand hat, um die Berichterstattung über sie unbefangen zu beurteilen.
    Gleichwohl bleibe ich ihm freundschaftlich verbunden - man kann ja mal unterschiedlicher Meinung sein ;)

  • RalfLippold
    Januar 31, 2011

    Guten Morgen Herr Birgel,

    danke für die offenen Worte. Erst das überzogene darstellen der Realität löst Gespräche aus. So war es beim Neuauftritt der Semperoper im August im Web, so Johannes Lohmeyers Verriss "Dresden verschläft das Internet" vor fast genau einem Jahr, der in einem gemeinsamen Gespräch mit Vertretern der Tourismusbranche mündete.

    Ein "funktionierendes" System lässt nur durch entsprechende Interventionen verändern, und das können durchaus auch Worte sein, die nicht jedem gefallen. Man sollte sich dann stets fragen, "Warum reagieren die anderen so? Welche Emotionen wurden ausgelöst?"

    Mit den besten Grüßen
    Ralf Lippold

  • Florian Haumer
    Januar 31, 2011

    Also da muss man wirklich nicht befangen sein, um diese Aufmachung und die Spekulation über den Zusammenhang eines mutmaßlich schlechten Arbeitsklimas und eines mutmaßlich hohen Krankenstands (den man laut Herrn Birgel gar nicht kennt) als zumindest boulevardesk zu bezeichen. Besonders schade ist es meiner Meinung nach, wenn das dann auch noch als normal empfunden, bzw. als gesprächsfördernd gelobt wird. Das zeugt m.E. von einem sehr fragwürdigen Verständnis der Aufgaben des Journalismus. Mir wäre es jedenfalls neu, dass Agitation und Effekthascherei als Merkmale besonderer Qualität im Journalismus gelten. Das ist doch eher die Domäne der BILD Zeitung.

  • RalfLippold
    Februar 2, 2011

    Warum nehmen wir nicht ganz nüchtern den ganzen Fall zum gemeinsamen Lernen und Verständnisses, wie wir (sprich Presse, Bürger, Institutionen) künftig miteinander umgehen?

    Noch scheint es immer wieder zu haarsträubenden Verständnisklüften zu kommen, so auch zu Webauftritt der Semperoper im August, als fast schon der Niedergang der Hochkultur beschworen wurde.

    ... und doch kam es ganz anders ;-)

    Beste Grüße von einem angenehmen Abend beim ifk Institut für Kommunikationswissenschaften

  • Torsten
    Februar 3, 2011

    Nehmen sie eigentlich irgendwelche Drogen zu sich Herr Ralf Lippold? Wo geht es denn hier um die Semperoper???

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