Die seltsamen Verbündeten des Professor Patzelt

Ein Gastbeitrag von Lucas Görlach.

Eine Petition geht um im Internet. Eine Petition, in der drei WissenschaftlerInnen von Bundeskanzlerin Angela Merkel fordern: "Frau Bundeskanzler, bitte belegen Sie Ihre Behauptungen!"

Dabei geht es - natürlich, in diesen Tagen - um die Ereignisse in Chemnitz. Und natürlich geht es dabei um die Frage "Hetzjagd oder nicht Hetzjagd". Dazu postet der Dresdner Politikwissenschaftler und Petent Werner J. Patzelt auf seiner Facebook-Fanpage:

"Wer erfahren möchte, auf welche Videobeweise unsere Bundeskanzlerin und der Regierungssprecher ihre Rede von den Chemnitzer Hetzjagden gründen, könnte dazu womöglich durch Unterzeichnung des nachstehenden Aufrufs beitragen. Schauen wir mal, was er bewirkt!"

Ich möchte an dieser Stelle nicht in die Diskussion einsteigen, wer warum wann welchen Begriff verwendet hat und ob das gerechtfertigt war oder nicht. In Bezug auf die Geschehnisse in Chemnitz gibt es sicher wichtigeres, worüber zu sprechen wäre.

Vielmehr interessiert mich, wer diejenigen sind, die gemeinsam mit einem Dresdner Professor diese Petition ins Leben gerufen haben.

Wer steckt dahinter?

Unterschrieben wurde die Petition mit drei Namen: "Dr. habil. Heike Diefenbach, Michael Klein, M.A. und Werner J. Patzelt". Der Account, über den die Petition auf Change.org initiiert wurde, nennt sich "Sience Files", mit der zugehörigen Website ScienceFiles.org.

Die Mit-Petenten des bekanntesten Professors an der TU Dresden, Frau Diefenbach und Herr Klein, betreiben (offenbar gemeinsam) das Wissenschaftsservice-Gewerbe Textconsulting. Hier werden Beratungen für Studierende sowie die Erstellung von Gutachten und Befragungen angeboten.

Des Weiteren gibt es einen "Ghostwriting-Service" für "weitgehend alle literarische[n] Formen", ausgenommen davon sind "wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten".

Zum Angebotenen gehört auch eine Zweitkorrektur eben solcher Qualifikationsarbeiten:

"Wir beobachten seit Jahren, dass an Hochschulen die Qualität von Lehre sinkt, und deshalb die Ideologisierung der Lehre und entsprechend der Bewertung studentischer Arbeiten zunimmt. [...] Es heißt, dass gute und sehr gute studentische Arbeiten schlecht bewertet werden, weil sie ideologisch nicht passen, wobei häufig die Begründung fadenscheinig ist und keiner zweiten Prüfung standhält."

Gibt es für diese Aussage eigentlich wissenschaftlich belastbare Statistiken? Falls ja, finde ich sie nicht auf der Textconsulting-Website.

Vielleicht habe ich mit meiner Suche mehr Glück auf dem Blog der beiden Mit-Petenten 'ScienceFiles.org'.

'ScienceFiles.org' und das Gender-Projekt

Screenshot von sciencefiles.org

Laut eigenem "Grundsatzprogramm" haben sich die MacherInnen dieses Blogs der "Kritische[n] Sozialwissenschaften" verschrieben. Kommt es auf dem Blog jedoch zu klaren Aussagen, fehlen die Quellen.

Ein Beispiel: die "Gender Ideologie". Unter dieser Überschrift werden Spenden für ein so genanntes Forschungsprojekt gesammelt, in dem am Ende ein "Ranking" der deutschen Universitäten erstellt werden soll.

"Unser Ziel ist es, [...] den Grad der Infiltration mit Genderismus zu bestimmen, um am Ende ein Universitätsranking für alle deutschen Universitäten erstellen zu können, das die Qualität ihrer Lehre als Funktion des Ausmaßes der Infiltration mit Genderismus darstellt."

Angefangen wurde damit anscheinend schon, obwohl – laut Aussage der BetreiberInnen – erst knapp über 10.000 Euro eingenommen worden seien. Ziel sind übrigens 50.000 Euro.

Allein das Wort "Genderismus" reiht sich ein in eine große Anzahl von – zumindest fragwürdigen – Begriffen, die auf 'ScienceFiles.org' verwendet werden. Und die an der Seriösität des Angebotes zweifeln lassen.

Die "Lügenspirale"

"Die Lügenspirale" - das Bild ist zur Quelle verlinkt.

In diversen Blogposts auf der Website werden bisweilen agitatorische Begriffe verwendet, wie etwa die "Gesinnungskämpfer", die in Chemnitz zu einer Gegendemo mobilisiert worden seien. Das ist eine ausgesprochen einseitige und ideologisch gefärbte Darstellungsweise - immerhin waren nachweislich auch Personen auf der rechten Demo bei den Demonstrationen anwesend, die man als "Gesinnungskämpfer" bezeichnen könnte.

Quellen für dieses Schaubild suche ich vergebens. Um so beachtlicher, dass eine "Offenlegung von Quellen" von Angela Merkel gefordert wird!

Dasselbe Bild dient übrigens auch als Titelbild der Petition "Frau Bundeskanzler, bitte belegen Sie Ihre Behauptungen!"

Der Begriff "wissenschaftlich" dient nur als Tarnung

Ähnliche, nicht belegte Schaubilder und Betrachtungen zu den Geschehnissen in Chemnitz, finden sich auch im "Gutmenschen-Kommunikationsmodell", in dem Aussagen von Augenzeugen und auch die Videoaufnahmen von vornherein als "Phantasie" bezeichnet werden.

Ist mit dieser Vorverurteilung nicht jede Inanspruchnahme des Begriffes "wissenschaftlich" dahin? Seriös geht in jedem Fall anders.

Screenshot aus dem Beitrag: "Sechs Schritte zur Verdummung: Das Gutmenschen-Kommunikations-Modell". Das Foto ist zum Originalbeitrag verlinkt.

Weiterhin sei es laut 'ScienceFiles.org' notwendig, die Frage zu klären, ob das Video überhaupt echt sei, von dem die MacherInnen behaupten, es sei die Grundlage für Angela Merkels Erklärungen. Welches wissenschaftliche Instrument eignet sich dafür besser, als eine Online-Umfrage unter Leserinnen und Lesern des Blogs? Ernsthaft?

Screenshot von sciencefiles.org - das Foto ist zum Originalbeitrag verlinkt.

Wer braucht schon Quellen?

Eines möchte ich noch anmerken: Ich habe Vorlesungen von Professor Patzelt besucht und hatte nie den Eindruck, dass ihm echte wissenschaftliche Arbeitsweisen gleichgültig gewesen seien. Im Gegenteil.

Umsomehr erstaunt mich die anzunehmende gemeinsame Petentenschaft mit den MacherInnen von 'ScienceFiles.org'. Denn diese schreiben in ihrem Impressum:

"Ob eine Aussage richtig oder falsch ist, hat überhaupt nichts mit demjenigen zu tun, der die Aussage trifft. Die Korrektheit einer Aussage ist eine Frage, die deren Übereinstimmung mit der Realität betrifft. Sonst nichts. [...] Die Gültigkeit einer Aussagen (sic!) hängt nicht davon ab, ob auf der Webseite, auf der die Aussage gemacht wird, ein Impressum vorhanden ist oder nicht. ScienceFiles hat deshalb kein Impressum."

Diese Betrachtungsweise ist diskussions-, aber aus rechtlicher Sicht hochgradig fragwürdig. Im Telemediengesetz heißt es:

"Dienstanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform [...] - § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG"

"Geschäftsmäßig"? Mal abgesehen davon, dass auf der Website sowohl Spenden für den Blog selbst als auch für das Gender-Forschungsprojekt gesammelt werden, kommen noch diverse Partner-Banner dazu, etwa zu Amazon.de.

Unseriös, tendenziös, ideologisch

Wir halten fest: Ein Blog, das sich wissenschaftlich nennt, aber mit tendenziösen Begriffen arbeitet, die Sache mit der Quellennennung nicht so genau nimmt und sich über das geltene Recht stellt.

Man fragt sich schon: Ist sich Profressor Patzelt bewusst, mit wem er da kooperiert?

Professor Patzelt übrigens hat auf seinem persönlichen Blog ein Impressum. Als Adresse dient ihm die Anschrift des Instituts für Politikwissenschaft der TU Dresden.

Nachtrag 22.58 Uhr: Auch die deutsche Ausgabe der Huffington Post befasst sich mit der Petition und thematisiert u.a. das Goebbels-Bild, das im Schaubild "Die Lügenspirale" im Hintergrund zu sehen ist.

Der Autor hat auch Prof. Patzelt gesprochen. Zitat aus dem Text:

"Hat Patzelt Angela Merkel mit Josef Goebbels verglichen? Patzelt verneint das. Auch er hält die Bebilderung in diesem Fall für falsch. Er wolle nicht, dass 'heutige Dynamiken irreleitender Öffentlichkeitsdynamik gleichgesetzt werden mit den üblen Propagandamaßnahmen von Goebbels'."

Titel der Geschichte: "Verglich er Merkel und Goebbels? Politologe Patzelt erklärt seinen Chemnitz-Aufruf".

Nachtrag 10.9.2018, 10 Uhr: Prof. Patzelt hat in einem eigenen Blogbeitrag auf den Beitrag der Huffington Post reagiert.

Zitat:

"Wer das tatsächlich Geschehene sowie meine Bemühungen um eine Vermittlung des Vorgangs an die beiden Journalisten – Pfahler und Petters – mit dem vergleicht, was Pfahler (und – bislang – per Twitter Petters) aus dem Sachverhalt und aus meiner Person machten, wird hier ein an Dreistigkeit durchaus herausragendes Beispiel journalistischer Niedertracht erkennen."

Sein Beitrag vom 10.9.2018 trägt den Titel: "Verleumdender Journalismus".

12 Kommentare
  • Michael Klein
    September 9, 2018

    Danke für die Mühe, wenngleich das Ergebnis ihrer Recherche eher dürftig ausgefallen ist. Unser Grundsatzprogramm scheinen Sie, obwohl Sie es erwähnen, nicht gelesen und von der vielgelesenen Blauen Reihe (rund 200.000 Downloads) noch nie etwas gehört zu haben und dass ihr Unsinn mit dem Telemediengesetz Unsinn ist, ergibt sich schon aufgrund der Tatsache, dass wir subjects of Her Majesty sind, die im Vereinigten Königreich leben und Steuern zahlen.

    Wie war das noch mit den Quellen und den Belegen?

    Wenn Sie nicht nur die Diffamierung von Werner J. Patzelt und ScienceFiles im Kopf gehabt hätten, dann hätte aus dem Beitrag etwas werden können ...

    Schade.

    Übrigens sind die beiden Modelle, die Sie besprechen, das Ergebnis von in beiden Fällen rund acht Posts, die man lesen sollte, bevor man nach Quellen ruft. Alles verlinkt. Klicken Sie und lernen Sie!

  • Anderer Max
    September 10, 2018

    Haha, was ist das denn für 'ne Seite?
    "Science" ... is' klar ;)

  • Helmar Mann
    September 10, 2018

    Genau, gebe Herrn Klein vollkommen recht. Nur macht Recherche leider viel Arbeit. Und heute zählt Haltung leider mehr als Logik - auch in Ihren Sendern, Herr Görlach. Daher tut Aufklärung (sogar im reinen kant'schen Sinne) immer wieder (und mehr!) äußerst not. Und weil nur Lesen bildet, um dann (frei nach Habermas) mit dem zwanglosen Zwang des besseren Argumentes überzeugen zu können, mein Aufruf: Lesen Sie erst hinreichend, bevor Sie im Netz herumtrollen. Zum Beispiel:

    1) https://sciencefiles.org/grundsatzprogramm/

    2) https://www.publicomag.com/2018/09/nach-publico-anfrage-merkel-und-seibert-lassen-hetzjagd-vorwurf-fallen/

    3) https://unbesorgt.de/chemnitz-und-der-verrutschte-journalismus/

    (Das ist ein rein privater Kommenatorv und keine Empfehlung im Sinne des Presserechts.)

  • Michael Klein
    September 10, 2018

    Wenn Sie nicht mehr zu sagen haben, anderer Max, dann sollten Sie die Klappe halten, Sie machen sich mit ihrer infantilen Art lächerlich.

  • Patzelts Geist
    September 10, 2018

    Man merkt auf Patzelts Seite jagt eine steile These die andere:

    "Sechs Schritte zur Verdummung: Das Gutmenschen-Kommunikations-Modell"

    Hi-fucking-larious

  • earendil
    September 11, 2018

    Mehr gibt es dazu eigentlich auch nicht zu sagen, Herr Klein. Ich tu's trotzdem mal.

    Man kann nicht behaupten, sciencefiles hätte mit Wissenschaft nichts zu tun, aber die Beziehung zwischen science und sciencefiles ist ungefähr die zwischen Lamm und Schlachter. Die Seite betreibt einen von rechter Ideologie getriebenen Kreuzzug gegen politisch missliebige Wissenschaft und gegen alle linken, emanzipatorischen oder auch nur liberalen Bestrebungen. Wissenschaftlicher Lieblingsfeind ist die Geschlechterforschung, aber es geht auch gegen andere Bereiche der Sozial- und sogar Naturwissenschaften (Klimaforschung). Politisch springt man mit Vorliebe Rechtsextremisten und Rassisten aller Coleur bei. Rassismus existiert in der sciencefiligen Parallelwelt ausschließlich in der Chimäre des "reverse racism", Sexismus nur als "Männerfeindlichkeit", Antifaschisten sind Nazis (die einzigen natürlich)... die übliche rechte "Wahrheit ist Lüge"-Propaganda halt.

    Das Schaubild "Die Lügenspirale" passt sich da ein; auch wenn es eigentlich allzu offensichtlich ist, seziere ich mal ein bisschen. Eine einigermaßen neutrale Beschreibung ("Männergruppe tötet Mann" oder sowas) wird erst gar nicht versucht, sondern man steigt gleich mit den aus rassistischer Sicht relevanten Aspekten ein: "Ausländer bringen Deutschen um". Es folgt "Betroffenheit, Wut, spontane Demo" unter Auslassung der entscheidenden Fakten, nämlich der fremdenfeindlichen Parolen und der wiederholten Bedrohungen und gewaltsamen Übergriffe auf nicht weißdeutsch aussehende Personen. Nur durch diese Auslassung wird es nämlich im nächsten Schritt möglich, die Wertung dieser Übergriffe als "Hetzjagd" als Erfindung zu bezeichnen. (Wahrheitsgemäß müsste der Punkt etwa lauten: "Dokumentation der Übergriffe und Wertung als Hetzjagd", aber darauf lässt sich natürlich keine Propaganda aufbauen.) Diese erfundene "Erfindung" soll dann den Eindruck erwecken, die nachfolgende Mobilisierung der "Gesinnungskämpfer" (aka antifaschistische Zivilgesellschaft) basiere auf einer Lüge. "Hetzjagd-Narrativ als falsch erwiesen" stellt dann selbst eine plumpe Lüge dar – wahr ist lediglich, dass konservative Politiker die Wertung der Übergriffe als Hetzjagden bestritten haben. Abschließend soll mit "Maas entwickelt Hitlergruß-Narrativ" wohl suggeriert werden, dass auch das irgendwie eine Erfindung sei.

    Letztlich muss ich Herrn Patzelt widersprechen: Das Goebbels-Hintergrundbild ist ebenso wie der Titel "Lügenspirale" für dieses Propaganda-Schaubild absolut passend.

  • Erich Kästner
    September 11, 2018

    Sehr geehrter Herr Klein,

    es ist schon ein starkes Stück, was sie in Bezug auf die Situation in Chemnitz von sich geben. Ich gehe mal davon aus, dass Sie bei den Ereignissen nicht in der Stadt waren und ihre Behauptungen auf aus der Ferne zugänglichen Quellen stützen.
    Von einer "Erfindung des Hetzjagd-Narrativs" zu sprechen hat wenig mit Skeptizismus und sehr viel mit Pseudo-Skeptizismus, dem schein-rationalen Nährboden für Verschwörungstheorien, zu tun.
    Das viel rezipierte Video zu den Übergriffen auf Migranten ("Hase du bleibst hier"), ist allem Anschein nach authentisch. Hierfür möchte ich folgende Indizien anführen:
    1. Es gibt ein zweites Video, dass zeigt wie Beteiligte auf den Tatort zurennen.
    2. Die angegriffene Person hat Anzeige erstattet.
    3. Polizei und Staatsanwaltschaft bezweifeln die Angriffe nicht.
    4. Es gab auch Berichte von weiteren Angriffen an diesem Tag. Sowohl auf Migranten als auch auf politisch Andersdenkende, Solche Taten werden oft nicht gefilmt, da diese Situationen sehr plötzlich entstehen und die Angegriffenen i.d.R. erstmal mit ihrer eigenen Sicherheit beschäftigt sind.
    5. Die Anwesenheit von einer Vielzahl von Rechtsextremen, die in der Vergangenheit in gewalttätige Übergriffe involviert waren, ist wohl dokumentiert.
    6. Eine rechtsextreme Hooligan-Gruppe, die im Übrigen Stadionverbot hat, hat an diesem Tag mobilisiert. Von einer Ferne zur Gewalt vieler Anwesenden kann also keine Rede sein.
    7. Es gab auch gewalttätige Übergriffe auf Journalisten. Ein weiterer Hinweis auf die allgemeine Gewaltbereitschaft an diesem Tag.
    8. Auch ein jüdisches Restaurant wurde angegriffen.
    9. Ebenso ein linkes Wohnprojekt.
    10. Zahlreiche Menschen in Chemnitz, einige davon sind mir persönlich bekannt, haben Angriffe miterlebt oder wurden selbst Ziel von Angriffen.

    Ich kann keinen Hinweis darauf erkennen, dass es sich bei den berichteten Übergriffen und Jagdszenen um Inszenierungen oder Erfindungen handelt.
    Im Gegenteil: Die Beweislast ist erdrückend.
    Sich jetzt hinzustellen und Verschwörungstheorien unters Volk zu mischen und das Ganze implizit (mit dem Goebbels-Bild) mit der Propaganda der Nationalsozialisten gleichzusetzen ist unverantwortlich.
    Mir scheint, dass Sie nicht wirklich an Wahrheit interessiert sind, sondern lieber wilde Theorien zusammenspinnen, die Ihrer eigenen Weltsicht entsprechen.
    Das hat nichts mit kritischer Haltung zu tun und erst recht nichts mit kritischer Wissenschaft. Es ist mir ein absolutes Rätsel, warum sich Herr Patzelt mit wahrheitsflexiblen Ideologen wie Ihnen gemein macht.

    Mit kopfschüttelnden Grüßen
    Der Geist Erich Kästners

  • stefanolix
    September 11, 2018

    Ich möchte noch einige Anmerkungen zu der Petition hinterlassen. Ich stehe den Initiatoren von Sciencefiles positiv unvoreingenommen gegenüber – Kritik an bestimmten Entwicklungen in den Sozialwissenschaften ist notwendig, damit sich etwas ändert, auch wenn ich nicht jeden Artikel, jede Kritik und jede Form teile.

    Ich sehe aber in der Petition selbst gravierende Fehler.

    Entweder man will von der Bundeskanzlerin bzw. der Bundesregierung wirklich etwas erfahren: Dann fragt man konstruktiv, strukturiert und verständlich nach. Oder man will die Bundeskanzlerin bzw. die Bundesregierung der Lüge und der Verschleierung bezichtigen: Dazu braucht man keine Petition.

    Ob es in Chemnitz »Hetzjagden« gegeben hat oder nicht, ist nach allen sachlichen Erkenntnissen keine Frage von Wahrheit oder Lüge, sondern eine Frage der politischen Bewertung. Eine strukturiert aufgebaute Petition müsste also zunächst nach den politischen Bewertungskriterien der Kanzlerin fragen und könnte dann verzweigen:

    Warum wurden die Ereignisse in Chemnitz anders als die Ereignisse in #G20 in Hamburg bewertet? Warum geht die Bundesregierung kaum oder gar nicht auf Konflikte zwischen rechts- und linksextremistischen Gruppen in Chemnitz ein? Und so weiter.

    Die Form dieser Petition ist unstrukturiert. Unterstellungen und Fragen werden so miteinander vermischt, dass jedem Empfänger sofort die Lust am Antworten vergehen muss. Fast jede kleine Anfrage der Oppositionsparteien im Bundestag zeigt, wie man eine solche Nachfrage richtig strukturiert.

    Nun zur Grafik und zu Goebbels: Wenn man also diese Fragen loswerden will – und vor allem, wenn man mit einer Antwort rechnet – verbietet sich die Darstellung einer »Lügenspirale«, die übrigens auch sachlich falsch ist: Es ist völlig unumstritten, dass harte Rechtsextreme in Chemnitz beteiligt waren.

    Inzwischen ist die Grafik nur noch abgeschnitten zu sehen und hat ein anderes Hintergrundbild. Das Wort »Lügenspirale« ist aber immer noch als Titel der Illustration hervorgehoben.

    Die Darstellung des NS-Propagandaministers Goebbels als ursprüngliches Hintergrundbild ist mit einem Kommunikationsabbruch gleichzusetzen: Welche demokratisch legitimierte Regierung lässt sich denn bitte die Anspielung auf die perfide Propaganda und die Lügenspiralen des Dr. Goebbels gefallen? Bis zum Vergleich muss man gar nicht gehen (es ist keiner). Die Anspielung reicht völlig aus.

    Das ist einer Petition zu diesem wirklich ernsthaften Thema nicht würdig.

  • Stefan Aigner
    September 11, 2018

    "Nationaler Widerstand" als Markenkennung von "Science Files" auf einem Goebbels-Schaubild - da erübrigt sich in meinen Augen jede Diskussion mit Herrn Klein. Er verantwortet eine rechtsradikale Hetzseite unter einem recht löchrigen wissenschaftlichen Deckmantel.

  • Michael Klein
    September 11, 2018

    Herr Aigner,
    hier sind Sie ihren eigenen Vorurteilen auf den Leim gegangen. Wenn man zu sehr damit beschäftigt ist, andere zu verleumden, dann entgeht einem zuweilen, dass nicht Nationaler sonder RATIONALER Widerstand das Motto von ScienceFiles ist.
    Aber, wie würde Garfinkel sagen, an ihren Fehlern sollt Ihr erkennen, wes' Geistes Kind sie sind. Garfinkel hätte von Kultur nicht von Geist gesprochen, zugegeben. Aber das war es auch schon.

  • earendil
    September 11, 2018

    Ein Buchstabe. Soviel Unterschied zwischen Nationalem und Rationalem Widerstand ist dann doch, muss man anerkennen.

  • Michael Schultheiß
    September 22, 2018

    Sehr geehrter Herr Görlach,

    herzlichen Dank für Ihren erhellenden und sehr lesenswerten Beitrag über einen Dresdner TU-Professor und die Leute, mit denen er sich inzwischen in der Öffentlichkeit umgibt. Wer sich nach umfassender Unterstützung der rechten Volksverleumder selbst wortreich, haarspalterisch und jämmerlich über "verleumdenden Journalismus" beklagt, hat wohl keine anderen mehr als Verbündete zu bieten. Hatte ich den abwegigen, nicht gerade der Lesbarkeit dienenden Satzbau in dem genannten Blog schon mit einem Adjektiv belegt?

    Eine weitere Frage, die einem beim Studium Ihres Berichts in den Sinn kommt: Sind die beiden in Ihrem Artikel genannten Genderideologen eigentlich auch an der TU Dresden beschäftigt? Im Telefonverzeichnis der Universitätsverwaltung sind keine Personen dieses Namens zu finden. Sollte es etwa so sein, dass eine öffentliche Einrichtung wie die TU Dresden es lieber vermeidet, solche Geistespimpfen mit Steuermitteln zu alimentieren? Und wenn dies der Fall sein sollte - warum sollte es denn dann unideologisch nachgedacht überhaupt ein Subjekt wie den so genannten Professor an dieser Einrichtung geben, der vernünftigen, kritischen Geistes betrachtet genauso wenig existieren kann wie der so genannte Klimawandel? Belege!!

    Natürlich werden Sie nun sagen: Endlich einmal jemand, der sich der Sache nach wissenschaftlichen Kriterien statt genderideologisch (hick!) nähert. Ich weiß, man muss die größten ideologischen Flachpfeifen mit ihren Verschwörungsblogs monothematischer und sprachlich arg begrenzter Ausrichtung ("Hetzjagd", "Gender", "Gutmensch") nicht politisch korrekt als "überdurchschnittlich gebildete" Sachsen bezeichnen, wie es der konservative Zeitgeist häufig fordert. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass ich Ihren feinen Humor zu schätzen weiß, mit dem Sie im Artikel "WissenschaftlerInnen" schreiben, wenn man genauer und treffender ausgedrückt doch besser von "Wissenschaftlern" sprechen sollte.

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