Abgeordnetenwatch auf Sachsens Landespolitik

Screenshot von Abgeordnetenwatch.de

Die Internetplattform abgeordnetenwatch.de startet Ende Februar auch für den Sächsischen Landtag. Dies werden die Betreiber der Seite am 28.2.2013 auf der Landespressekonferenz in Dresden bekanntgeben. Bereits am Donnerstag erhielten die Mitglieder des Sächsischen Landtages eine E-Mail, in der sie vorab ihre angelegten Profile auf abgeordnetenwatch.de einsehen konnten.

Die spendenfinanzierte Internetplattform, deren Selbstanspruch darin besteht, für transparente Politik und digitale Teilhabe zu sorgen, gibt Bürgern die Möglichkeit, Abgeordnete öffentlich zu befragen. Entsprechende Anfragen werden zuvor von den in Hamburg ansässigen Seitenverantwortlichen auf Vereinbarkeit mit dem aufgestellten Moderationskodex geprüft. So sind Massenanfragen, Beleidigungen und Fragen zum Privatleben auf der Seite tabu.

Der Sächsische Landtag ist das achte Landesparlament, das nun auf dem Portal vertreten ist, auf dem man außerdem auch Fragen an Bundestags- und Europaparlament-Abgeordnete stellen kann. Dabei ist abgeordnetenwatch.de für die sächsische Landespolitik nichts Neues: Bereits im Landtagswahlkampf 2009 konnten Bürger den Kandidaten Fragen stellen. Im kommunalen Bereich sind die Stadtparlamente von Leipzig und Dresden vertreten.

Auch bei der Leipziger Oberbürgermeisterwahl war es möglich, den angetretenen Kandidaten online Fragen zu stellen, auch wenn nur wenig Gebrauch davon gemacht wurde: Gerade einmal 62 Fragen wurden den sechs zur Wahl stehenden Politiker gestellt. Nur einer verweigerte sich gänzlich: Der für die CDU ins Rennen gegangene Horst Wawrzynski ließ alle zwölf Fragen unbeantwortet.

In anderen Stadt- und Landesparlamenten stieß die Einführung des Frage-Antwort-Spiels im Web bei den Abgeordneten auf noch weniger Gegenliebe – etwa bei der CDU-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung in Wiesbaden. Deren Justiziar ersuchte im November 2011 die Betreiber die Position der CDU Wiesbaden zu "respektieren und die Aufnahme der Fraktionsmitglieder der CDU Wiesbaden weder veranlassen noch vornehmen" und drohte mit einer "erfolgssicheren formalen Klärung" – also Klage.

Der Medienjournalist Stefan Niggemeier erachtete im SPIEGEL die Arbeit von abgeordnetenwatch.de gar als "Kulturkampf":

"Auf dem Internetangebot abgeordnetenwatch.de, wo Bürger öffentlich Fragen an Bundes- und Landtagsabgeordnete stellen können, kann man Zeuge eines Kulturkampfs werden. Beim Versuch, das Projekt auf Kommunen und Kreistage auszuweiten, stieß abgeordnetenwatch.de auf Widerstände: Einige Kommunalpolitiker fanden schon die Aufnahme ihres Namens als Zumutung und Rechtsbruch. Natürlich seien sie bereit, sich den Fragen von Bürgern zu stellen, persönlich, telefonisch, per Fax. Aber nicht öffentlich, im Internet, ohne Kontrolle darüber, wer welche Fragen stellt."

Man darf als gespannt sein, wie sich Sachsens Landespolitiker den Bürgerfragen im Web annehmen: Sehen sie dies als Chance für transparente Politik und Bürgerbeteiligung - oder als Gefahr, von unliebsamen Störenfrieden im Netz vorgeführt zu werden? Sören Denk

2 Kommentare
  • Frank
    Februar 23, 2013

    Dass Politiker des Dresdner Stadtrates auf Abgeordnetenwatch vertreten sind, wusste ich. Ich habe das auch schon mal in einem Fall genutzt. Leider ist mir dabei aufgefallen, dass Abgeordnetenwatch ein komplett unbrauchbares Prinzip anwendet: Man kann dem Politiker dort eine Frage stellen, worauf er eine Antwort geben kann. Und das war's. Noch eine weitere Frage zu dem Thema zu stellen ist nicht vorgesehen und wurde mir beim entsprechenden Versuch auch ausdrücklich nicht ermöglicht.

    Da alle Politiker mediengeschult sind und dadurch gelernt haben, sich auf alle Fragen möglichst wohlklingend aber aber - falls aus ihrer Sicht angebracht - auch möglichst unkonkret auszudrücken, führt das zu nichts. Eine weiterführendes Nachhaken zu unklar gebliebenen Punkten ist nicht vorgesehen und nicht möglich. Es ergibt sich nur die Routine: Bürger stellt kritische Frage - Politiker beendet diesen Dialog mit positivem Ausgang für sich selbst. Ziemlich sinnlos. Ich habe das nie wieder verwendet, sondern mich bei Fragen immer direkt per Mail an die Betreffenden gewendet und erwähnt, dass ich "was für einen Blog" schreibe. Das führte in der Praxis meist zu viel ergiebigeren Auskünften.

  • owy
    Februar 23, 2013

    @Frank Ich sehe das nicht ganz so negativ - sofern ein Politiker nur oberflächlich antwortet, ist das ja im Grunde auch schon eine Aussage. Dass der Dialog nicht zugelassen ist, ist vermutlich wohlüberlegt - sonst hätten die ganzen Herrschaften ja nichts anderes mehr zu tun als Fragen zu beantworten.
    In jedem Fall halte ich jeden kleinen Schritt, der die laufende Politik transparenter macht, für einen guten.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.