Seit dem 1.1.2016 ist der neue ZDF-Staatsvertrag gültig. Die Novellierung ist die Konsequenz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im März 2014, das vor allem die Gremienzusammensetzung und die damit verbundene Parteinähe stark kritisierte (vgl. Flurfunk vom 25.3.2014: „Urteil zum ZDF-Staatsvertrag: Sächsische Linke und DGB fordern Konsequenzen“).
Doch was bedeutet der 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag für Sachsen? Verliert der Freistaat mit der Neubestetzung im Sommer 2016 Sitze im ZDF-Fernsehrat?
Generell gilt nach der Novellierung: der ZDF-Fernsehrat wird kleiner, das Gremium schrumpft von 77 auf 60 Mitglieder. Der Paragraph 21 regelt die Zusammensetzung des Rates. Mit der Novellierung ergeben sich daraus drei wesentliche Änderungen:
- Die Landesregierungen entsenden weiterhin je einen Vertreter aus den Staatskanzeleien. In Sachsen fällt der Posten auf Staatssekretär Dr. Fritz Jaeckel (CDU), der als Staatsminister auch für die Medienpolitik im Freistaat zuständig ist. Vor Jaeckel saß Johannes Beermann als sächsischer Staatsminister im ZDF-Fernsehrat.
- Die Parteien dürfen zukünftig keine Vertreter mehr in Rat entsenden. Was aber nicht automatisch heißt, dass künftig keine Vertreter mit einem politischen Hintergrund im ZDF-Fernsehrat vertreten sein werden. Denn die Zusammensetzung aus Vertretern von Institutionen wie Gewerkschafts- und Arbeitgeberverbände, Kommunal-Verbände und Kirchen bleibt weiterhin bestehen. Da lässt sich in der aktuellen Besetzung des Rates eine politische Nähe seiner Mitglieder nicht ganz ausschließen – und wird es auch weiterhin nicht.
- Neu ist, dass den Bundesländern jeweils ein Bereich zugeordnet wird, aus dem sie einen Vertreter entsenden können. Sachsen entsendet demnach aus dem Bereich „Ehrenamtlicher Zivil- und Katastrophenschutz“, Sachsen-Anhalt aus dem Bereich „Heimat und Brauchtum“ und Thüringen aus dem Bereich Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, lntersexuelle und Queere Menschen. Bisher hatte für Sachsen Holger Zastrow (FDP) einen Sitz im ZDF-Fernsehrat – er war als sächsischer Vertreter aus dem Bereich "Kultur" entsandt. Diesen wird er so nicht wieder antreten können, denn dieser Bereich wird jetzt von einem anderen Bundesland (Saarland) besetzt. Die Bewerbungsfrist für den Platz ist bereits abgelaufen, nun muss der sächsische Landtag entscheiden, wen er entsendet.
Sachsen hatte also bisher zwei Sitze im ZDF-Fernsehrat und wird auch in der neuen Besetzung wieder mit zwei Sitzen vertreten sein. Als Staatsminister steht Fritz Jaeckel bereits fest, über den zweiten wird, wie in Punkt 3 beschrieben, noch entschieden.
Wird Tillich Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats?
Nicht nur die Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates hat sich geändert. Auch der ZDF-Verwaltungsrat wird 2017 in veränderter Besetzung neu gewählt werden. Während das Gremium des Fernsehrates vor allem den Intendanten beim Programm berät und Richtlinien festlegt, hat der Verwaltungsrat die Aufgabe, den Dienstvertrag mit dem Intendanten und den Haushalt zu beschließen.
Der ZDF-Verwaltungsrat hat künftig zwölf Mitglieder (bisher 14). Das bedeutet auch eine Veränderung für die Ländervertreter: Statt fünf werden nur noch vier Ländervertreter in diesem Gremium sitzen. Diese vier Ländervertreter legen die Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam fest. In der aktuellen Besetzung des ZDF-Verwaltungsrates hat Stanislaw Tillich, als Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, einen Sitz inne.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird auch nach der Neuwahl des Gremiums 2017 Stanislaw Tillich als bisheriger stellvertretender Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrat seinen Sitz im Rat behalten. Es besteht sogar die Chance, dass er den Vorsitz übernimmt. Denn Kurt Beck, der Vorsitzende des Rates, hält sich wegen gesundheitlicher Probleme derzeit politisch sehr zurück.
Ob er für eine erneute Kandidatur zur Verfügung steht, ist offen – auch weil Rheinland-Pfalz 2016 einen neuen Landtag wählt. Sollte dann die Landesregierung von Rot auf Schwarz wechseln, würden sich auch die Mehrheiten im Verwaltungsrat verschieben. Bei der neuen Konstellation der vier Ländervertreter wäre eine ausgewogene Mischung rot/schwarz durchaus möglich – soweit sich die Ministerpräsidenten der Länder darauf einigen können.
Einen lesenswerten Beitrag zur Neubesetzung der ZDF-Gremien gibt es auch beim Tagesspiegel vom 17.1.2016. Dort ist zu lesen:
„Das jetzige Gremium hat sich Zeit seines Bestehens in sogenannten Freundeskreisen organisiert, nach politisch Rot und nach politisch Schwarz. Unschwer, wo die Verdi-Vertreter Orientierung, unschwer, wo der „Arbeitgeber“ Gewissheit suchte. Ob diese „Freundeskreise“ unverändert fortbestehen werden, mag keiner so recht vorhersagen. Natürlich sind die Vertreter der Länder immer auch Parteienvertreter, möglich, dass hier neue alte „Meeting Points“ etabliert werden.“
Der Beitrag im „Tagesspiegel“ trägt den Titel: „Ende der Parteikratie?“
Februar 3, 2016
Fast ohne auf den über Flurfunk verbreiteten Journalisten-Faktencheck hinweisen zu wollen, muss ich mich doch fragen, auf welche Argumente des Artikels sich der Titel desselben bezieht?
Verlören nicht alle Länder Einfluss in den Gremien, wenn der Fernsehrat generell verkleinert wird? Gar wenn Herr Tillich als (stellvertretender) Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrat (weiter) agierte?
Die gleich bleibende Anzahl an Sitzen für Sachsen im ZDF-Fernsehrat animiert gleichfalls den Artikel erneut zu lesen. Hat man etwas übersehen?
Zumindest die Qualität der Vertreter Sachsens vermag der Artikel vorauszusehen, oder war "Neubestetzung" gar ein Freudscher Schreibfehler?