Christine Keilholz: “Wir sind ein kleines, wachsendes Medienimperium”

Im Januar 2022 ist Neue Lausitz als Leitmedium für Strukturwandel gestartet (vgl. FLURFUNK vom 27.1.2022: "Briefing #1: Neue Lausitz ist gestartet"). Gründerin Christine Keilholz hatte im Vorfeld im FLURFUNK-Interview über den Strukturwandel in der Lausitz gesagt (gl. FLURFUNK vom 29.12.2021):

"Ein solcher Prozess fördert eine Menge Nachrichten zu Tage, deren Wucht nur als Teil dieses Strukturwandels ganz zu verstehen ist. Dafür entsteht hier und jetzt ein neuer Journalismus."

Gut ein Jahr ist seit dem Start vergangen - Zeit für uns, mal nachzufragen, wie es läuft.

"Natürlich lohnt sich das Geschäft, sonst wären wir nicht mehr da."

FLURFUNK: Wie ist der aktuelle Stand bei neue Lausitz?

Christine Keilholz, Foto: Tine Jurtz

Christine Keilholz: Die Neue Lausitz ein Jahr am Markt. Unser wöchentliches Briefing ist in mehr als 50 Ausgaben seit Januar 2022 erschienen. Die Marke Neue Lausitz zieht Kreise. Unser Team von Autorinnen und Autoren wächst. Immer mehr Menschen wollen für uns schreiben, immer mehr lesen uns. Wir sind ein kleines, wachsendes Medienimperium in einer Region, auf die das ganze Land schaut.

FLURFUNK: Wie viele Abonnenten gibt es?

Keilholz: Unser Newsletter hat Empfängerzahlen im dreistelligen Bereich.

FLURFUNK: Wie ist genau das Abo-Modell?

Keilholz: Wir haben gestaffelte Preise für Einzelleser und Institutionen. Große Unternehmen zahlen mehr als kleine Vereine. Dazu bieten wir Rabatte für gemeinnützige Organisationen, von denen es in der Lausitz einige gibt. Das sind genau die Gestalterinnen und Gestalter des Strukturwandels, die wir mit unserem Angebot erreichen wollen. Also Leute, die Projekte anschieben und Netzwerke knüpfen wollen, die Förderanträge schreiben und dadurch die Lausitz zu einer lebhaften Region machen. Für diese Teilöffentlichkeit machen wir Journalismus. Je nach dem, wie viele Leute mitlesen, kostet ein Monatsabo zwischen 12,90 und 149 Euro.

FLURFUNK: Und wie viele Leserinnen und Leser hast du pro Ausgabe?

Keilholz: Wie gesagt: Unser Briefing hat Empfängerzahlen im dreistelligen Bereich. Unsere Website neuelausitz.de dient nur als Schaufenster. Das Kernprodukt ist das Briefing, das unsere zahlenden Abonnenten ins E-Mail-Postfach bekommen. Diese Mail kommt dienstags, 6 Uhr, und enthält ganze Texte. Ohne Werbung. Ohne ablenkende Multimedia-Elemente. Nur klar strukturierte Information für Menschen, die wenig Zeit haben und trotzdem Themen durchdringen wollen. Viele sind es gewohnt, dass der Newsletter ein Werbemittel, der auf die Websites der Verlage locken soll. Bei uns ist es umgekehrt.

FLURFUNK: Bekommst Du Fördermittel oder Geld von öffentlichen Stellen? 

Keilholz: Nein. Es war eine bewusste Entscheidung, auf Fördermittel und Stiftungsgelder zu verzichten. Die Neue Lausitz ist das Experiment, ein journalistisches Produkt rein über Abonnements zu finanzieren. Wir sind überzeugt, dass ein relevantes und hervorstechendes Produkt das kann. Es muss ein vernünftiger Business Case dahinterstecken, sonst kann man es gleich lassen. Journalismus ist letztlich nur dann wirkungsvoll, wenn er auch ein gutes Geschäft ist. Wenn Inhalte aus eigener Kraft ihr Publikum finden. Wenn es also genug Menschen gibt, die merken, dass sie davon etwas haben, und dafür Geld ausgeben wollen. Diese Menschen formieren zusammen die kritische Öffentlichkeit, die jedes vernünftige journalistische Medium braucht, um seine Aufgabe zu erfüllen.

FLURFUNK: Lohnt sich das Geschäft, lebst du davon?

Keilholz: Natürlich lohnt sich das Geschäft, sonst wären wir nicht mehr da. Wir haben kein großes Investment im Rücken. Unser Konzept musste sich nach einem halben Jahr bewähren - und hat es auch. Wir können anspruchsvolle Texte in Auftrag geben und unseren Autorinnen und Autoren gute Honorare zahlen. Ich selbst lebe von der Marke, die ich kreiert habe.

FLURFUNK: Wenn jemand ein vergleichbares Projekt anfangen wollte, was würdest du ihm raten?

Keilholz: Erstmal anfangen. Kein Crowdfunding. Verzichtet auf den Hype am Anfang, den können die wenigsten dauerhaft bedienen. Richtet Euch an eine Kundschaft, die gute Arbeit schätzt. Erhaltet Euch die Beweglichkeit, um Neues auszuprobieren. Wenn das Produkt gut ist, wächst das Interesse so oder so. Es wächst das Interesse beim Publikum und das von Investoren oder großen Medienhäusern. Versucht nicht, den Spiegel neu zu erfinden. Sucht Euch lieber eine Nische und füllt sie gut aus. Im Regionalen liegen viele freie Nischen, die gefüllt werden können. Das ist die Erfahrung der Neuen Lausitz aus dem ersten Jahr.

FLURFUNK: Vielen Dank für das Interview! 

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1 Kommentar
  • Thomas Koschütz
    Januar 16, 2023

    Ich habe immer Respekt vor neuen regionalen Medienprojekten. Bei Christine Keilholz' neustem Vorhaben bin ich allerdings mehr als skeptisch. Beim Aufruf der Website lese ich aktuell drei Headlines: "Senftenbergs neuer Intendant macht Theater für alle", "Lausitz an der Bruchkante zum Science Valley", "Witschas spricht nicht für die Mehrheit". Nur das mittlere Thema ist halbwegs interessant. Der Gastbeitrag des Geschäftsführers eines Dresdner Lobbyvereins mag moralisch Pluspunkte bringen, aber wen interessiert das bekanntlich in der Lausitz? Tut mir leid, aber ich prophezeie dem selbsternannten "kleinen Medienimperium" leider ein baldiges Ende.

    Freundliche Grüße
    Thomas Koschütz

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