Wie KI die soziale Spaltung vertieft

Künstliche Intelligenz galt als Hoffnungsträger: smarter arbeiten, besser entscheiden, produktiver leben. Doch die Realität entwickelt sich anders. KI wird zum Luxusgut – und das verschärft die digitale Spaltung.

Ein Gastbeitrag von Dr. Christopher Brinkmann

OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT, sicherte sich Anfang November neue Serverpower von Amazon. Die langjährige Partnerschaft mit Amazon Web Services (AWS) umfasst 38 Milliarden Dollar. Das war nötig, denn die Nachfrage explodiert.

Nach dem Start der Video-KI „Sora 2“ verzeichnete OpenAI eine Million Downloads in einer Woche. Laut Forbes kostet der Betrieb der Plattform inzwischen rund 15 Millionen Dollar pro Tag.

Die Kosten zahlen am Ende auch die Nutzer. Das Pro-Abo bei ChatGPT kostet 229 Euro im Monat. Und noch ein anderes Beispiel: Canva verlangt für volle KI-Funktionen 110 Euro im Jahr. Damit zeigt sich: Technologie für alle wird zur Frage des Geldbeutels.

Digitale Spaltung auf dritter Ebene

Digitale Ungleichheit ist kein neues Phänomen. Fachleute sprechen schon lange vom „Digital Divide“ (Digitale Kluft). Bisher ging es dabei um den Zugang zu Geräten und Internet („First Level“) und um Medienkompetenz („Second Level“).

Jetzt kommt die dritte Ebene hinzu: der „Third Level Digital Divide“ – die gesellschaftlichen Folgen dieser Unterschiede.

Denn wer bessere Technik und smartere Tools hat, kann Informationen schneller durchsuchen, präzisere Entscheidungen treffen und effizienter arbeiten. Es entsteht eine digitale Oberklasse, die vom technologischen Fortschritt profitiert, während andere zurückbleiben.

Nicht, weil der Wille fehlt, sondern wegen mangelnder Ressourcen.

KI als Preistreiber

Wie t3n erst neulich beobachtete, treiben die steigenden Server- und Entwicklungskosten die Preise für KI-Angebote nach oben. Die erwarteten sinkenden Kosten durch Skaleneffekte treten nicht ein.

Besonders problematisch: Viele Plattformen koppeln Qualität direkt an Bezahlmodelle. Die besten Ergebnisse, präzisesten Analysen und realistischsten Bilder bekommen die, die es sich leisten können. Damit wird Technologie nicht zum Werkzeug der Chancengleichheit, sondern zum Katalysator sozialer Ungleichheit.

Die Vorstellung, KI könne eine „permanente Unterklasse“ schaffen – wie der New Yorker beobachtete – erscheint damit übertrieben. Das Gegenteil ist wahrscheinlicher: eine kleine, gut informierte digitale Elite entsteht.

Brisante Folgen

Die Folgen sind gesellschaftlich brisant. Wer keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu digitalen Wissensressourcen und KI-Werkzeugen hat, verliert langfristig Anschluss in Bildung, Arbeit und Kommunikation.

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zeigte bereits 2024, dass Isolation, Benachteiligungsgefühle und gering ausgeprägte Selbstwirksamkeitserfahrung zu Entfremdung und Radikalisierung führen.

Damit digitale Teilhabe ein Grundpfeiler demokratischer Gesellschaft bleibt, müssen daher drei Dinge gesichert werden: bezahlbare Zugänge, digitale Bildung und politische Aufmerksamkeit für die ungleiche Verteilung. Sonst entsteht aus dem digitalen Fortschritt eine soziale Rückwärtsbewegung.

Quellen:

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