Zurück zur Belanglosigkeit – die “neue” “Prinz Dresden”-Ausgabe

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PRINZ, das monatliche Magazin für urbanes Großstadtleben aus dem Hamburger JAHRESZEITEN VERLAG, hat sich neu erfunden: ab der Nummer 09/2011 vom 25. August dieses Jahres erscheint das Blatt im handlichen City-Format (168 x 223 Millimeter) in einer Auflage von 220.000 Exemplaren“,

heißt es in der aktuellen Pressemitteilung auf der Jalag-Homepage. Das klingt ja spannend – doch die erste große Enttäuschung zeigt sich schon beim Blick aufs Cover. Dieselbe langweilige Optik, dieselben hundertmal gehörten Sprüche („Die 5 neuesten Fitnesstrends“, „Fünf Klicks zur großen Liebe – Online-Singlebörsen im Test“), dieselben nichtssagenden Titelmodels. Hier wird das alte "Prinz"-Konzept als etwas Neues verkauft. Sogar den alten rot-gelben "Prinz"-Button hat man aus der Layoutschublade wieder rausgekramt! Noch schlimmer, der wird laut Pressemitteilung sogar als eine Neuerung verkauft:

„Dem Titelschriftzug PRINZ wird ein rotes Quadrat mit gelbem Kern sozusagen als Ausrufungszeichen vorangesetzt.“

Ah ja! Dass Dresden jetzt auf den Titel ganz groß geschrieben wird, ist ja auch ganz neu (Achtung Ironie), schließlich soll die Stadt „dominanter“ im Vordergrund stehen. Das ist den Machern wirklich prima gelungen (noch mehr Ironie): Bis auf eine Meldung über die Wiedereröffnung des Maximus‘, Dresden Pizzadienste und (Achtung ganz neu! = Ironie) Dresden Gutscheine – gibt das Heft keinen Anreiz, warum ich mir als Dresdner das Heft kaufen sollte.

Prinz Dresden Cover, September 2011

Die zweite Unverschämtheit: 2,20 Euro kostet das Heft im neuen Pocket-Format (das ist jetzt mal ausnahmsweise wirklich neu). Angeblich hat man die Regionalteile „deutlich erweitert“. Durch das kleine Format, hat man bei den 114 Seiten starken Heftchen nicht wirklich das Gefühl, mehr Inhalt in der Hand zu haben – auch beim Durchblättern wird das Gefühl nicht besser.

Man muss vom Titelblatt nur einmal Umblättern, schon die nächste Enttäuschung. Auf dem Titel noch groß mit „Dresden-Gutscheine im Wert von über 60 Euro“ beworben, entpuppen sich die PRINZ-Deals (Achtung ganz..., ne, Ironie) als Leipzig-Gutscheine. Von sechs Gastrogutscheinen (entweder Rabattmarke oder 2zu1-Prinzip) kann man drei nur in Leipzig einlösen, weil es die Restaurants gar nicht in Dresden gibt. In der Kategorie "Leben" sind es sogar vier Leipziger Angebote. Die Shopping-Deals kann man gleich vergessen, weil man hier auf irgendwelche Online-Shops gelenkt wird.

Auch im Heft ist alles beim Alten geblieben – wirklich beim Alten, so als hätte man eine "Prinz-Dresden" Ausgabe von September 2003 in der Hand. Schade, dabei war man mit einem neuen "Prinz"-Konzept schon mal weiter, beispielsweise als Nicole Zepter 2008 die Chefredaktion der Gesamtausgabe übernahm. Sie hielt allerdings nicht lange durch, nach einem Jahr kehrte mit Peter Schmidt-Feneberg das Heft zurück zum alten „Best-Of-Prinzip“.

Seit dem 1. August hat "Prinz" einen neuen Chefredakteur: Jörg Schumacher. Der hatte wahrscheinlich in der Kürze der Zeit nur die Möglichkeit gehabt, mal schnell in uralten Ausgaben zu blättern und daraus ein neues-altes Konzept zu basteln. Da können einem die Lokalredaktionen wie in Dresden leid tun, die das nationale Konzept umsetzen müssen. Damit jedenfalls wird die Talfahrt für "Prinz" wohl weitergehen.  Nicole Kirchner

Hinweis: Die Verfasserin war selbst mal Redaktionsleiterin von "Prinz Dresden" und damals schon nicht immer einverstanden mit den Vorgaben, die von Hamburg kamen.

12 Kommentare
  • Stefan Mothes
    August 25, 2011

    Schade nur, dass unter diesem offensichtlichen Dummenfang generell auch vergleichbare Stadt- und Kulturmagazine leiden, deren Konzept ehrlicher und kundenorientierter ist. Leider werden diese zusammen mit "PRINZ-Münchhausen" (oder war es Baron?)in die "Print-wirkt-nicht-Schublade" gesteckt. Der Jahreszeiten-Verlag hingegen kann den lokalen Flopp seines verkaufsschwachen Titels sicher noch weiter verschmerzen, da es anscheinend immer noch genug nationale Kunden gibt, die diese Scharade mitfinanzieren. Dresdner, SAX und Co. haben diese Rückendeckung sicherlich nicht. Schade, wenn am Ende das schlechteste Konzept den längeren Atem haben sollte. Warum der Markt sich hier nicht selbst reguliert, ist mir schleierhaft.

    ANMERKUNG: Ja, ich veröffentliche auch ein Magazin. Nein, dieser Kommentar hat nichts mit "Stutenbissigkeit" oder Konkurrenzneid zu tun. Ich äußere nur meine private Meinung in Bezug auf den Verfall unserer Medienlandschaft, der durch o.g. "Relaunch" beispielhaft dokumentiert wird.

  • Robert
    August 26, 2011

    Ich bin durch eine bekannte auf diesen Blogbeitrag aufmerksam geworden und ehrlich gesagt etwas traurig. Wieso lässt sich Frau Kirchner so sehr von ihrem persönlichen Frust leiten? Als ehemalige Chefredakteurin verschiedener Produkte wie der Printausgabe des mittlerweile eingestellten DD-Inside sowie der mit deutlich weniger Ausgaben/Jahr erscheinenden Melodie&Rythmus sollte sie sich eher nicht so besswerwisserisch geben. Außerdem trieft der Beitrag nur so von Vermutungen "Kürze der Zeit" oder dass es Nicole Zepter nicht durchgehalten hat. Vermutlich sind die Marktanalysen des Jahreszeitenverlages auch nicht so fundiert wie die von Frau Kirchner (um mal das gleiche abgedroschene Mittel der Ironie zu verwenden wie Frau Kirchner). Aber um das rauszufinden, hätte sie das machen müssen, was die Macher der flurfunk-Seite stets predigen: Gründlich recherchieren. Hier wäre auch ein Gespräch mit einem der Beteiligten von Nutzen gewesen. Aber von oben herab (fragt sich nur von welcher Höhe, und ich rede hier nicht von der Körpergröße der Schreiberin) bösartig drüber herziehen geht halt schneller.
    Für mich liest sich jedenfalls der Beitrag analog zu dem Gemecker eines Übergewichtigen unsportlichen Biertrinkers vor dem Fernseher, welcher die mangelnde Laufbereitschaft seiner Fußballmannschaft klagt.

  • Marko Beger
    August 26, 2011

    Liebe Nicole (nik),

    ich finde es absolut traurig und bin etwas enttäuscht darüber, dass ihr ohne wirklich zu recherchieren und verschiedene Meinungen und Positionen zu hören so einen "Verriss" schreibt. Ihr kennt mich und wüsstet wo ihr direkt durchklingeln könntet, um auch ein Interview dazu zu bekommen oder Statements - vom Verlag oder den Redaktionsleitern!? Ich dachte, das ist eigentlich Euer Anspruch mit Flurfunk?

    Eure Leser würden sich sicherlich darüber freuen, wahre Hintergrund Infos zu lesen.

    Vielleicht höre ich ja nochmal von Euch.

    Marko

  • Ray Van Zeschau
    August 26, 2011

    Tja, seit ich weg bin.... ;-)

  • Ray Van Zeschau
    August 26, 2011

    Sorry, ich weiß ja nicht wer dieser Vorgartenanalytiker Robert ist, aber Herr Beger, an Ihrer Stelle würde ich ganz schnell nach Hause gehen und leise in die Kissen weinen.

  • Romina Stawowy
    August 26, 2011

    @Marko Beger: Führt ihr bei einer Restaurantkritik auch ein Interview mit dem Koch?

  • Stefan Mothes
    August 26, 2011

    "2,20 Euro kostet das Heft im neuen Pocket-Format" - Sollte dies ein Schreibfehler sein oder sind die Preise jetzt pro Stadt unterschiedlich? In Leipzig kostet es 2,90 €, also hat sich der Preis (ursprünglich 1,50 €) fast verdoppelt, aber dafür ist der Inhalt halbiert (vorher rund 115 Seiten A4, jetzt 115 Seite A5). Doppelter Preis, halber Inhalt, so sieht Relaunch 2.0 aus.

  • Grit Büchner
    August 26, 2011

    Sensationell, es wird darüber diskutiert und konstruktiv kritisiert! Alles richtig gemacht! Weiter so! ;o)

  • owy
    August 26, 2011

    @Robert Erneut beweist du durch einen Kommentar hier im Blog, wie unsouverän du mit Kritik umgehen kannst - nämlich gar nicht. Statt dich mit den kritisierten Punkten auseinanderzusetzen, diffamierst du die Autorin.

    Ich weiß ja nicht, ob du schon mal in ein Heft von 2002/2003 reingeschaut hast - es werden hier tatsächlich uralte Konzepte als "neu" verkauft. Und wenn die Jalag-Marktforschung so toll arbeitet, warum muss sich Prinz dann ständig neu erfinden?

    Die Aussage, dass Nicole besser "gründlich recherchiert" hätte, ist schon kommentiert, trotzdem nochmal der Hinweis: Eine Kritik muss nicht erst die Erklärung des Kritisierten einholen. Das müsste euch als Medienmachern eigentlich bekannt sein. Aber da sind wir wieder am Anfang meines Kommentars: Außer beleidigt "bäh, bäh, bäh" zu rufen, fällt dir offenbar nichts zu der Kritik ein.

  • Frances Heinrich
    August 26, 2011

    Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.
    Eine Recherche dient ja weniger der Meinungsbildung als der Faktenwahrheit. Eine Kritik, eine (Aus-)Wertung, was Frau Kirchners Text sicherlich sein soll, ist subjektiv, da hilft auch das Mantra der journalistischen Objektivität nichts. Dass sie sich an das Handwerk gehalten hat, zeigen Vergleiche mit früheren Ausgaben. Und nur, weil gewisse Titel, deren Redaktion sie mal geleitet hat, mittlerweile untergegangen sind, kann man ihr den Sachverstand aberkennen? Wohl kaum!

    Einen Eindruck kann auch die Redaktionsleitung nicht ändern, sie kann höchstens Hintergründe, Ambitionen und Intentionen erklären - deshalb wird sich ein Eindruck aber schwerlich ändern, oder? Vielleicht nimmt Prinz ja selbst Stellung und erläutert uns allen, was man sich auf dem Throne des Relaunches gedacht hat? Vielleicht ist es dann nachvollziehbar, und Flurfunk ist mit Sicherheit die letzte Funkanstalt, die sich in solche konstruktiven Diskussionen nicht produktiv einbringen würde.

  • owy
    August 27, 2011

    Hier noch etwas mehr Berichterstattung zum Prinz-Relaunch.

    Der Branchendienst dwdl.de schreibt über die neue Prinz-Taktik:
    "Weil sie das Stadtmagazin weiter weg vom journalistischen Anspruch hin zum Konsumartikel positioniert."
    http://www.dwdl.de/meinungen/32537/gewagter_relaunch_der_prinz_setzt_auf_risiko/

    Und meedia.de bespricht anhand von Prinz den Niedergang des Stadtmagazin-Branche ("Markt-Analyse: Stadtmagazine im freien Fall"), Zitat über die Zahlen von Prinz im Vergleich zum Vorjahr:
    "Wertet man nur die Abos und den Einzelverkauf, die beiden härteren Auflagenkategorien, so liegt das Minus im selben Zeitraum bei 37,8%. Allein im Einzelverkauf schrumpfte die Auflage von 85.815 auf 39.362."
    http://meedia.de/print/markt-analyse-stadtmagazine-im-freien-fall/2011/08/25.html

  • Ray Van Zeschau
    August 27, 2011

    Sozusagen selbstergeizdes Leid!

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