Bautzen: OB Alexander Ahrens kündigt SZ-Abos via Facebook

Früher hätte es soetwas nicht gegeben: Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens hat am Freitag bei Facebook einen offenen Brief an die Lokalausgabe der Sächsischen Zeitung veröffentlicht. Darin kündigt er an, sämtliche SZ-Abos der Stadtverwaltung - mit Ausnahme der Ausgabe für die Pressestelle - zu kündigen.

Zitat:

"Liebes SZ-Team, heute ist ein schöner Tag für Bautzen: die Stadt wird wieder etwas Geld sparen, denn die Abonnements der Stadtverwaltung für die 'Sächsische Zeitung' werden (bis auf die Ausgabe für die Pressestelle) gekündigt. Und Mittwoch war ein noch schönerer Tag, denn da hat die Stadt Millionen gespart."

Hintergrund, so ist dem Brief zu entnehmen, ist die Berichterstattung der Sächsischen Zeitung über den geplanten Verkauf der Stadthalle Krone und des umliegenden Areals. Der Zeitung selbst ("Krone: Stadtrat setzt sich durch") ist zu entnehmen, dass über den Kauf durch die Stadt und den Preis seit Monaten ein erbitterter Streit tobt.

Bürgermeister Ahrens schreibt:

"Seit Monaten berichtet die 'SZ' über das Krone-Areal, anfangs allein auf Zuruf des Verkäufers, seit Wochen ausschließlich im Sinne einzelner Stadträte. Mit der Verwaltung oder der Stadtspitze spricht dagegen keiner von der 'SZ' (dieses Phänomen ist allerdings nicht auf die Krone beschränkt). Warum auch? Schließlich sind Verwaltung und Stadtspitze ja nicht kompetent, so kann man in der 'SZ' erfahren..."

Merkwürdig: Im SZ-Artikel, auf den sich Ahrens in seinem offenen Brief bezieht, ist er wörtlich zitiert (zumindest in der Online-Version, die uns vorliegt). Zitat aus dem SZ-Bericht mit der Überschrift "Krone: Stadtrat setzt sich durch":

"Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) sieht den Ankauf indes weiter skeptisch: 'Grundsätzlich ist das Areal aufgrund der Lage von Interesse. Wir müssen uns aber die Frage beantworten, ob wir uns das Gebiet zusätzlich zu unseren Pflichtaufgaben überhaupt leisten können und wollen.' Auch er sieht die Verhandlungen bei der BWB in guten Händen. Das ändere aber nichts daran, dass es weiter ein Konzept brauche. Er warnt zudem vor einem Bieterwettstreit, bei dem die Stadt oder die BWB letztlich überhöhte Preise zahle."

Ahrens Brief lässt erkennen, dass er sichtlich angefressen ist. So schreibt er:

"Abschließend kann man in der 'SZ' noch erfahren, dass der Stadt ein Leitbild fehle, dann wisse man, wo die Stadt sich hin entwickeln werde. Ganz persönlich bin ich mittlerweile einer ganz anderen Überzeugung: was der Stadt dringend fehlt, ist eine Zeitung, die diesen Namen auch verdient, die journalistisch arbeitet - also recherchiert und mit allen Seiten redet, bevor sie wieder irgendwelche Kommentare aus der Hosentasche zieht. Wenn das passiert, gewinnt sie vielleicht auch irgendwann mal wieder Abonnenten und verliert sie nicht nur. Das wäre dann ein noch, noch schönerer Tag für Bautzen."

Damit bezieht er sich auf einen Kommentar der Zeitung, der dem Bericht beigestellt ist und der den Titel "Bautzen fehlt ein Leitbild" trägt. Darin wird - Überraschung! - Ahrens heftig kritisiert.

Zitat aus dem SZ-Kommentar:

"Im konkreten Fall triumphieren jetzt erst einmal CDU, FDP und die anderen Kritiker von Oberbürgermeister Alexander Ahrens. Mit ihrem erfolgreichen Vorstoß haben sie das Stadtoberhaupt regelrecht vorgeführt. Alexander Ahrens hatte es der politischen Konkurrenz aber auch leicht gemacht. Viel zu lässig ging die Verwaltung an die Sache ran. Ein erstes Gutachten, das sie den Stadträten vorgelegt hatte, fiel bei diesen fachlich und politisch durch."

Dann kommentieren wir auch mal:

Ohne tief in der Materie zu stecken, wirkt die Reaktion von OB Ahrens reichlich dünnhäutig. Selbst, wenn die Qualität der Lokalzeitung noch so schlecht sein mag – politisch ist es immer ungeschickt, es sich mit dem größten Medium am Platz zu verderben.

Es gibt im übrigen beim Verhältnis von Medien und Politik keine Bringe- und auch keine Holschuld: Wenn der OB unzufrieden mit den Informationsstand der Zeitung ist, kann er ja auch jederzeit problemlos in die Offensive gehen!

Was also bleibt? Ein weiterer Beitrag aus der Serie hier im Blog: Das seltsame Medienverständnis mancher sächsischer Politiker.

Hier noch mal alle Links zum Durchklicken:

2 Kommentare
  • Karl
    Mai 21, 2017

    Dann sollte die SZ mal anfangen unabhängig zu berichten. Auch Pressefreiheit hat seine Grenzen und Qualität kommt vor Quantität so wie es die SZ betreibt.

  • Marcel
    Mai 21, 2017

    Der OB und andere Vertreter der Stadt kamen auch schon seit Monaten in mehreren Artikeln rund um das Thema "Krone" zu Wort. Die entsprechenden Artikel habe ich in einem Kommentar zum offenen Brief des OB auf Facebook verlinkt.

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