DVB-T für sächsisches Lokalfernsehen: Jetzt zickt der Technik-Dienstleister

Die Umstellung der sächsischen Lokalfernseh-Programme von analoger auf digitale Antennen-Ausstrahlung (DVB-T) scheint erneut in weite Ferne gerückt. Hintergrund ist dieses Mal ein Brief der Technik-Firma Mugler, die von der Bundesnetzagentur für den Aufbau des DVB-T-Netzes in Sachsen lizensiert ist, an die Programm-Veranstalter.

In dem Brief schreibt Mugler, dass eine Inbetriebnahme der DVB-T-Netze bis Jahresende "definitiv nicht mehr möglich" sei. So geht es aus einer Pressemitteilung des Verbands Sächsischer Lokalrundfunk (VSL) hervor.

Das macht die ganze Situation kurioser, als sie ohnehin schon war. Das Problem bei der ganzen Geschichte: Die Uhr tickt. Laut Gesetz ist am 31.12.2012 endgültig Schluss für die Ausstrahlung via analoger Antenne in Sachsen - daran ist offenbar nichts zu rütteln, wie aus informierten Kreisen zu hören ist.

Aber: Die Ausstrahlung via terrestrischem Signal (also Antenne, nach Gesetz ab 1.1.2013 dann halt digital durch DVB-T) ist Lizenz-Grundlage für eine ganze Reihe sächsischer Lokalfernseh-Programme. Fehlt die Ausstrahlung via Antenne, entfällt also die Rechtsgrundlage für die Programmausstrahlung (auch) in die analogen Kabelnetze - die meisten Sender hätten dann wohl ein ziemlich großes Problem.

In der Pressemitteilung des VSL heißt es zu dem Brief von Mugler:

"Mit Schreiben vom 02.07.2012 teilt die Mugler AG mit, dass 'bisher keine ausreichende vertragliche Auslastung der Netzkapazitäten in jedem der geplanten Netze' vorliege. Eine Inbetriebnahme der DVB-T-Netze sei bis zum Jahresende definitiv nicht mehr möglich. Außerdem werden sämtliche Änderungswünsche an den Vertragsentwürfen ohne Begründung zurückgewiesen. Das betrifft auch die Änderungswünsche, die für eine Förderung unerlässlich sind. Das Fördermodell der SLM ist damit hinfällig."

Mit anderen Worten: Die gerade durch die SLM erarbeitete Lösung, dass die SLM den Lokal-TV-Stationen die Investitionskosten für die Sender abnimmt, wird von Mugler nicht wahrgenommen. Vielmehr beharrt man darauf, dass die Sender die im Mai vorgelegten Vertragsentwürfe unterzeichnen sollen - diese Verträge sind aber nicht durch die SLM förderfähig. Die Sender werden also nicht unterschreiben, können sie sich das schlicht nicht leisten. Das wird man auch bei Mugler wissen.

Dabei sah es Ende Juni eigentlich ganz gut aus für das Lokalfernseh-DVB-T in Sachsen: Immerhin hatte der SLM-Medienrat im Juni ein Förderkonzept verabschiedet, mit dem die Investitionskosten für die Sender vollständig über vier Jahre finanziert worden wären. Oder anders formuliert: Nach dem Förderzeitraum (gefördert worden wären die Programm-Veranstalter) hätte die Mugler AG eine Reihe von DVB-T-Sendern im Besitz gehabt, deren Anschaffung und Inbetriebnahme durch die SLM bezahlt worden wäre. Nach Branchen-Einschätzungen handelt es sich um Kosten pro Sender von mindestens 100.000 Euro - in dem Förderkonzept waren zunächst fünf Sender vorgesehen, weitere sollten folgen.

Das verabschiedete Förderkonzept war zustande gekommen, nachdem die Sender im April bereits über die Bedingungen für die Umstellung protestiert hatten. Damals hatte der VSL eine Pressemitteilung verbreitet, nach der DVB-T in Sachsen vor dem Aus stehen würde. In der Folge hatte die SLM zum Krisengespräch geladen (vgl. Flurfunk Dresden vom 8.5.2012) und anschließend verkündet, man werde bis Mitte Juni "eine verbindliche Regelung finden, die den Lokalveranstaltern eine DVB-T-Verbreitung ihrer Programme zu finanzierbaren Konditionen ermöglicht."

In der Pressemitteilung von Ende Juni, die das Förderkonzept vorstellte, war dann der Präsident des SLM-Medienrats Dr. Uwe Grüning zitiert mit den Worten:

"Die SLM hat alles in ihrer Möglichkeit Stehende getan, um den termingerechten Umstieg abzusichern. Nun sind die Marktteilnehmer am Zug. Sachliche Gründe, die gegen die nunmehr gefundene Lösung sprechen könnten, sehe ich nicht."

Die sachlichen Gründe schafft nun offenbar die Firma Mugler.

Über die Motivation von Mugler, nicht auf das neu gestrickte Konzept einzugehen, kann nur spekuliert werden. Die fehlende "vertragliche Auslastung der Netzkapazitäten" bedeuten vermutlich (unsere Interpretation), dass man bislang nicht genug andere Programmveranstalter (bspw. Sender wie RTL oder Bibel-TV) gefunden hat, die die Sender ebenfalls nutzen wollen. Nur durch den Betrieb mit den Lokal-TV-Programm scheint sich das Geschäft aus Mugler-Sicht aber offenbar nun nicht mehr zu rechnen.

Da verwundert, dass sich Mugler überhaupt im Ausschreibungsverfahren der Bundesnetzagentur beworben hatte. Offen ist auch die Frage, wie die Situation juristisch aussieht: Die Lizenz für den Netzbetrieb stellt faktisch ein Monopol da - folglich müsste die Firma eigentlich verpflichtet sein, Verträge mit den Programm-Veranstaltern auszuhandeln. Die in der VSL-Pressemitteilung erwähnten Zitate aus dem Brief von Mugler lassen die Vermutung zu, dass das der Grund dafür ist, dass Mugler auf der bisherigen Vertragsversion beharrt.

Die Beteiligten stehen also vor einer kuriosen Situation: Das Netz wird definitiv am 31.12.2012 abgeschaltet. Die Sender sind vom Gesetz her verpflichtet, über Antenne auszustrahlen. Die vorgelegten Verträge von Mugler werden sie so nicht unterzeichnen. Die Antennen-Ausstrahlung ist übrigens auch aus technischen Gründen unerlässlich: Und zwar für die sogenannte Kopfstellenzuführung, also die Einspeisung ins Kabelnetz.

Dabei haben, auch das sollte man noch erwähnen, die Sender im Grunde kein großes Interesse an der Umstellung: Denn für die Programm-Veranstalter bedeutet die Umstellung auf DVB-T - trotz der Übernahme der Investitionskosten durch die SLM - immer noch eine Mehrbelastung für die Betriebskosten (etwa durch Leitungskosten, Mieten usw.).

Und jetzt? Vielleicht entscheidet ja der Gesetzgeber, die Umstellung noch hinauszuzögern - da müsste die Bundesnetzagentur mitspielen. Oder die Lizenzbedingungen für sächsisches Lokal-TV verändern sich. Oder Mugler gibt seine Lizenz zurück. Oder es gibt doch noch eine Einigung über die Verträge. Wir sind sehr gespannt.

Hinweis zur Einordnung: Der MDR hat die analoge terrestrische Ausstrahlung seiner Programme schon zum 30.4.2012 eingestellt und ein eigenes DVB-T-Netz aufgebaut, das auch bereits ausgelastet ist.

2 Kommentare
  • Astro
    Juli 4, 2012

    Der Lokalsender TV Allgäu ist bereits per BitTorrent verfügbar: http://bitlove.org/tvallgaeu -- digital und on demand.

  • Kai Ludwig
    Juli 19, 2012

    Der 30. April und die ganze Panikmache, mit der einen der MDR im Vorfeld regelrecht terrorisierte, bezogen sich auf die analoge Satellitenausstrahlung. Die terrestrischen Analogsender wurden in Sachsen schon im Juli 2007 abgeschaltet und durch DVB-T ersetzt.

    Das ist auch der zentrale Aspekt bei diesem Vorgang hier: Die Analogsender des sächsischen Lokalfernsehens spuken nun schon geschlagene fünf Jahre als Zombies herum. Bis jetzt hat man sie halt weiterlaufen lassen, was nun aber nicht weiter, sprich über das Jahresende 2012 hinaus, möglich ist. Daß man nur wegen diesem Knatsch hier noch extra Bundesrecht ändert, kann ich mir dabei nicht so recht vorstellen.

    Spannendstes Szenario wäre, wenn Mugler die Frequenzzuteilungen an die Bundesnetzagentur zurückgibt und keine andere Firma interessiert ist. Für solche Dinge wie eine Auferlegung (dann sicher wieder bei der so gern geprügelten Media Broadcast) dürfte es wohl kaum eine Handhabe geben.

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