MDR Sachsenspiegel: Shitstorm wegen Dynamo-Symbolbild – Update: MDR-Stellungnahme

Von 9 , , ,

Shitstorm wegen einer Fotomontage: Die Bebilderung einer Anmoderation im MDR-Sachsenspiegel vom 1.11.2012 sorgt für Unmut und heftige Reaktionen im Netz. Konkret geht es um einen Beitrag zu den Ausschreitungen vor dem Fußballspiel Dynamo Dresden und Hannover 96 am 31.10.2012 in Hannover.

U.a. auf der Facebook-Gemeinschaftsseite "SG Dynamo Dresden Fans" tauchte am 2.11. ein Bild mit zwei Fotos auf (s. Screenshot oben): Zu sehen ist ein Szenenbild des MDR-Sachsenspiegel (rechts, in der MDR-Mediathek ab 17:40 zu sehen) und ein dpa-Bild von 2007 mit pöbelnden Fans. Das dpa-Bild diente offenbar als Vorlage für die MDR-Montage - in der der "Fan" allerdings dann noch Pyrotechnik in die Hand "gedrückt" bekommen hat.

Die Reaktionen bei Facebook und Twitter sind heftig: "Lügenpresse" liest man da sehr häufig und wütende Beschimpfungen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder das Fernsehen und ach, die Medien ganz allgemein.

Das Facebook-Foto mit den zwei Vergleichsbildern selbst ist zur Stunde (1:30 Uhr) mit fast 700 "Gefällt mir"-Klicks versehen und bald 350 mal geteilt worden. Die Zahl der Kommentare geht in die Hunderte. Auch bei Twitter sind entsprechende Reaktionen zu finden.

Diverse Kommentatoren haben die Montage offenbar auch zum MDR geschickt und um eine Stellungnahme gebeten, so ist zu lesen. Und auch auf der Facebook-Fanpage des MDR sind wütende Kommentare zu finden (s. Screenshot unten).

Screenshot von der MDR-Fanpage bei Facebook.

Die Wut über die Bild-Montage ist dabei vermutlich nur Ausdruck des Unverständnis vieler Dynamo-Fans über teilweise undifferenzierte Medien-Berichterstattung zu den Ausschreitungen am Rande des Spiels (vgl. dazu auch Flurfunk Dresden vom 28.10.2011).

Zur Perspektive der Fans auf die aktuelle Berichterstattung "der Medien" sei der Blog-Eintrag "Grüße von den Taliban" empfohlen. Zitat:

"Das ohnehin arg in Mitleidenschaft gezogene Zwei-Quellen-Prinzip gilt schon gar nicht bei so genannten Randalen. Der Ultra will ja nicht mit Journalisten reden…. Dass in sozialen Netzwerken genug Berichte über die Zustände vor dem  Stadion existieren, die zumindest zu der ein oder andere Frage einladen, wird ignoriert."

Aber: Gerade diese konkreten Vorwürfe, die Fans kämen nicht zu Wort und das Zwei-Quellen-Prinzip gelte nicht, kann man für den mit der Montage angekündigten Beitrag des "Sachsenspiegel" nicht erheben.

P.S.: Und noch ein Lesehinweis zur Fansicht auf die Berichterstattung: ein offener Brief in Richtung "BILD".

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Update 4.11.2012, 10.56 Uhr

Der MDR hat gestern am späten Nachmittag eine Stellungnahme veröffentlicht. Man sieht ein, dass "die Grafik nicht optimal" war und "zu Missverständnissen" führen könnte. Wörtlich heißt es: "Wir bedauern das und werden daraus intern Konsequenzen ziehen."

Die Stellungnahme war offenbar auch nach einer Intervention des Vereins zustande gekommen (eine Mitteilung des Vereins findet sich auf dynamo-dresden.de: "Dynamo reagiert auf unsorgfältige Darstellungen").

Die Stellungnahme wird inzwischen auch bei Facebook verbreitet. Allerdings kommt diese bei den Fans nicht wirklich gut an - die Kommentare reichen von "halbherzig" über "Kopf aus der Schlinge ziehen" bis zu wüsten Beschimpfungen. Auf der Fan-Gemeinschaftsseite bei Facebook kann man die Kommentare zur Stellungnahme nachlesen.

Fan-Kommentare zur Stellungnahme des MDR-Sachsenspiegel

 

Wir dokumentieren hier die Stellungnahme des MDR-Sachsenspiegel im Wortlaut:

Kritik am Bericht zum Pokalspiel Hannover 96 - Dynamo Dresden
Nach einem Fernsehbericht im MDR SACHSENSPIEGEL am Donnerstag über die Begleitumstände des Pokalspiels zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden gibt es kritische Kommentare von Dynamo-Fans in Mails an den MDR und sozialen Netzwerken.

Hauptgegenstand der Kritik ist eine grafische Bildgestaltung, die hinter dem Moderator zu sehen war. Diese Grafik bestand aus einem aktuellen Foto der Bildagentur Imago. Es zeigt Ränge aus dem Hannoveraner Stadion im Block von Dynamo-Zuschauern. Da es  bei diesem Spiel zu Übergriffen und Einsatz von Pyrotechnik auch auf Seiten der Hannoveraner kam, wurde dieses Realbild durch eine deutlich erkennbare Symbol-Grafik ergänzt. Grundlage für diese Grafik waren Fotos einer Bilddatenbank. Das Gesicht des Mannes wurde unkenntlich gemacht, wie auch Farben seiner Kleidung verändert, um die Zuordnung zu einem bestimmten Verein zu verhindern. Dies scheint uns offensichtlich nach Meinung der Mailautoren nicht gelungen zu sein.

Nach ausgiebiger Diskussion sind auch wir zu der Auffassung gelangt, dass diese Grafik nicht optimal ist und zu Missverständnissen führen kann.

Wir bedauern das und werden daraus intern Konsequenzen ziehen.

Den ebenfalls geäußerten Vorwurf, wir hätten in dem eigentlichen SACHSENSPIEGEL-Beitrag einseitig berichtet, wollen wir so nicht stehen lassen. Ein Dynamo-Fan beschrieb sehr ausführlich seine Erfahrungen an diesem Abend. Er blutete am Kopf und sprach über den aus seiner Sicht überharten Einsatz der Polizei.

Außerdem berichteten wir, dass beim „Fan-Gipfel“ in Berlin keine Vertreter der SG Dynamo Dresden anwesend waren. Das war nicht richtig. Wir haben dies am folgenden Abend korrigiert und uns für diesen Fehler bei den Zuschauern entschuldigt.

MDR SACHSENSPIEGEL

Hier finden Sie die Stellungnahme auf den Seiten des MDR.

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Nachtrag 7.11.2012: Heiko Hilker, Vertreter im MDR-Rundfunkrat und Inhaber des Dresdner Instituts für Medien, Bildung und Beratung (DIMBB), hat den Vorgang in seinem Blog ebenfalls kommentiert. Er vertritt die Meinung, dass die Redaktion mit dem Vorgang die Pflicht zur Objektivität und Gewissenhaftigkeit verletzt hat.

Zitat:

"Die gezeigte 'grafische Bildgestaltung' hat meiner Meinung nach in einer Nachrichtensendung nichts zu suchen – zumindest dann, wenn die Redakteure die gesetzlichen Regelungen und den öffentlich-rechtlichen Auftrag ernst nehmen."

Hilkers Blog-Eintrag trägt den Titel: "Flurfunk berichtet über Shitstorm wegen Dynamo-Symbolbild vom MDR Sachsenspiegel".

9 Kommentare
  • Thomas
    November 3, 2012

    Auch, wenn der Begriff altmodisch klingt: Wir haben es hier mit einer Welle der Empörung zu tun. Shitstorm passt nicht, finde ich.

  • owy
    November 3, 2012

    Aber Thomas, der Flurfunk orientiert sich doch an den "großen" Medien und geht mit der Zeit - deswegen bleiben wir bei Neudeutsch: Shitstorm. ;-)

  • Thomas
    November 3, 2012

    Macht doch, was Ihr wollt :-)

  • Jeeves
    November 7, 2012

    Aber, Thomas, Du willst doch nicht etwa sowas un-cooles, un-geiles wie das schlichte, passende, (igitt:)deutsche "Empörung" dem absolut spannenden Modebegriff SHITSTORM vorziehen?
    Sale, togo, shitstorm, my2cent, facepalm...

  • Peter
    November 7, 2012

    In solchen Fällen schämt man sich als Journalist für seine Berufskollegen. Es ist ganz einfach: Hier handelt es sich um eine bewusste Bildmanipulation, die nicht als solche kenntlich gemacht worden ist. Ein klarer Verstoß gegen den Pressekodex. Die MDR-Stellungnahme wirkt da einfach nur peinlich.
    Ich möchte in der Runde aber ausdrücklich darum bitten, aufgrund solcher Fälle nicht alle Journalisten zu verteufeln. Man bedenke die Wirkung, wenn wirklich Presse, Funk und Fernsehen komplett den Stadien fern bleiben würden.

    Es ist halt wie in jeder Berufsgruppe: es gibt solche und solche. Manchmal leider mehr solche als solche ;-)

  • John
    November 8, 2012

    "Das Gesicht des Mannes wurde unkenntlich gemacht, wie auch Farben seiner Kleidung verändert, um die Zuordnung zu einem bestimmten Verein zu verhindern."
    Da sag ich mal.....war wohl nix!!! In der Bildbearbeitung muss ein Aue Gegner sitzen denn wie erklärt ihr euch sonst, dass die Jacke "zufällig" Lila umgefärbt wurde. Um Die "Zuordnung zu einem bestimmten Verein zu verhindern" hätte man sie lieber schwarz machen sollen.

  • Ostfussball.com
    November 10, 2012

    Dynamo Dresden und die "Freiheit" des MDR -> http://ostfussball.com/dynamo-dresden-und-die-freiheit-des-mdr-1399/

    ... & :-) -Gruß

  • Frank
    November 14, 2012

    Ich hoffe, es ist kein Problem, dass mein aktueller Schüler-Praktikant Deinen Screenshot in seinem Artikel verwendet hat?

    http://www.saek.de/einseitige-medienberichterstattung-uber-dynamo-dresden/

  • owy
    November 14, 2012

    1. Grundsätzlich ist das bei mir nie ein Problem.
    2. Im vorliegenden Falle habe ich mich bei dem Bild auch nur bei FB bedient (das Risiko dahinter ist mir bewusst).

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