Sachsens Kultur- und Stadtmagazine in der Corona-Krise

Das Kulturleben ist mit dem Corona-Virus komplett zum Erliegen gekommen. Geschlossene Kinos und Museen, leere Ausstellungen und Konzerthäuser, verlassene Theater und Lesebühnen sind in ganz Deutschland zur Normalität geworden. Mit dem Schicksal der Kulturszene ist auch das der Kultur- und Stadtmagazine eng verbunden, die sich nun vor neue Probleme gestellt sehen.

Fehlende Anzeigenkunden

Vor allem die kostenlose Angebote finanzieren sich fast ausschließlich über Anzeigenkunden, die oft selbst Teil der Kultur- und Kreativwirtschaft sind. Das Problem ist nur, „da gab es nichts zu bewerben“, wie Uwe Stuhrberg von der SAX aus Dresden schreibt. Die SAX habe etwa neunzig Prozent weniger Umsätze durch Anzeigen im Mai machen können.

Ähnliches berichten fünf weitere sächsische Kulturmagazine, die an einer Befragung von FLURFUNK teilgenommen haben (bis auf SAX und kreuzer alles kostenlose Angebote). Etwa 60 bis 90 Prozent weniger Umsatz machten die Magazine seit Beginn der Pandemie, gerechnet werde in den nächsten Monaten mit ähnlich hohen Verlusten.

Ausnahme ist das Online-Magazin Neustadt-Geflüster, das nur 10 bis 20 Prozent Umsatzeinbußen zu verzeichnen hat. Auch weil Anzeigenkunden hinzugekommen seien, „die es ohne Corona nicht gegeben hätte.“

Zudem zähle man mittlerweile fast doppelt so viele Online-Zugriffe wie zuvor.

Geringerer Umfang, zusätzliche Online-Angebote

Die Online-Angebote haben den Vorteil, dass auf die rasante Veränderung der Lage flexibel reagiert werden kann. Das hat auch das Dresdner Kulturmagazin schnell begriffen und gleich zu Beginn der Krise eine WordPress-Seite eingerichtet, mit deren Hilfe man auf Neuigkeiten spontan reagieren kann.

Der kreuzer aus Leipzig hat aus demselben Grund sein Online-Angebot weiter ausgebaut.

Auch im Social-Media-Bereich können bei den meisten Befragten deutlich höhere Reichweiten ausgemacht werden. Dafür aber werden bei allen anderen Webseiten-Aufrufen stark rückläufige Zahlen gemeldet.

Das habe aber vor allem den Grund, weil der Großteil der Zugriffe im Normalfall auf den Veranstaltungskalender der Kulturmagazine zurückzuführen sei, „der momentan begreiflicherweise kaum gefragt ist“, wie Egbert Pietsch vom kreuzer vermerkt.

Dementsprechend erscheinen auch fast alle Print-Ausgaben in spürbar kleinerem Umfang. Einzige Ausnahme ist das Ahoi-Magazin aus Leipzig, das im Mai sogar mit einem weiteren Titel herauskommt. In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung erscheint nun quartalsweise das erste Sportmagazin Leipzigs.

Schwankende Auflagen, mehr Abonnements, weniger Auslagefläche

Die kostenlosen Print-Magazine haben es sicher noch ein Stück schwerer als die Kaufmagazine durch die Krise zu kommen, da sie durch Verkäufe keine zusätzlichen Einnahmen generieren können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Auslagefläche geringer geworden ist, weil die Zeitschriften normalerweise vor allem in Kultureinrichtungen zu finden sind.

Sowohl das Dresdner Kulturmagazin als auch der Stadtstreicher aus Chemnitz mussten daher ihre Auflage vorläufig senken und haben notgedrungen Spendenaktionen gestartet. Zudem hat das Dresdner Kulturmagazin neue Vertriebsstellen in Tankstellen, Bäckereien, Bankfilialen u.a. erschlossen, sowie ein spezielles Unterstützer-Abo eingerichtet.

Das Ahoi-Magazin konnte seine Auflage beibehalten, hat aber die April-Ausgabe nicht publiziert. Grund dafür sei vor allem gewesen, dass man der Leserschaft nicht „Restauranttipps vor die Nase halten wollte, in denen gerade gar nicht gegessen werden konnte“ oder Veranstaltungen zu bewerben, die nicht stattfinden.

Besondere Verteilmaßnahme des Stadtmagazins Ahoi. Foto: Ahoi-Magazin

Ahoi liegt zudem hauptsächlich im Lebensmitteleinzelhandel und in Drogeriemärkten aus, also in Läden, die weiterhin geöffnet haben. Weitere Verteilerorte hat das Magazin mit Hilfe einer Sondergenehmigung der Stadt Leipzig geschaffen. In wetterfesten Aushangtaschen kann die Zeitschrift von Fußgänger*innen mitgenommen werden. Der Abgriff sei extrem hoch, wie Stefan Felgenhauer von Ahoi versichert.

Die beiden Verkaufsmagazine kreuzer und SAX konnten ihre Auflagenzahl sogar leicht erhöhen, da Abonnementkunden hinzugekommen seien. Das sei aber nur durch eine „Welle echter Solidarität“ möglich gewesen, wie Egbert Pietsch vom kreuzer versichert.

Die SAX konnte außerdem neue Verkaufsstellen durch Kneipen-Fensterverkäufe gewinnen. Zudem sei es nun auch möglich, einzelne Ausgaben per Email zu bestellen.

Eingeschränkte Themenvielfalt und staatliche Hilfen

Wie man durchgängig erfährt, sei vor allem auch die Themenfindung im Kulturbereich zur echten Herausforderung geworden, da Internetauftritte momentan fast die einzige Möglichkeiten für Kulturinstitutionen und Künstler*innen sind, um noch öffentlich in Erscheinung zu treten. Darüber zu berichten, ist oft ermüdend und redundant. Generell „schummelt sich Corona in fast alle Beiträge mit rein“, wie Anton Launer vom Neustadt-Geflüster zugeben muss.

„Wir versuchen Corona-sichere Themen zu finden“, verrät Stefan Felgenhauer vom Ahoi-Magazin. „Die Halbwertzeit der Themen hat sich geändert. Was heute produziert ist, kann morgen bereits veraltet sein. Veranstaltungen werden häufig abgesagt oder verschoben, so dass wir versuchen, dem Leser in Print und den digitalen Kanälen ein möglichst aktuelles Bild zu zeichnen. Der Informationsbedarf, verständlich aufbereitet, ist enorm.“

Darüber hinaus gibt es kaum Neuigkeiten, die kulturelle Ereignisse betreffen. Und auch wenn sich viele gute Formate entwickeln, bleibt die Themenvielfalt stark eingeschränkt. Doch: „Journalismus ist Journalismus und muss so gut wie möglich erledigt werden“, betont Jana Betscher vom Dresdner Kulturmagazin.

Jedes der befragten Print-Magazine musste staatliche Hilfe in Anspruch nehmen und Kurzarbeit beantragen, um die Krise finanziell durchzustehen. Nur das Online-Angebot Neustadt-Geflüster ist bisher auch ohne Unterstützung ausgekommen. Ein paar Monate so durchzuhalten, sei für alle Befragten noch im Rahmen des Möglichen.

„Die Lage ist angespannt, aber keineswegs aussichtslos“, erklärt Egbert Pietsch vom kreuzer. Generell gaben sich alle Befragten ähnlich optimistisch und lassen hoffen, das man gestärkt aus der Krise hervorgehen wird. Stephan Zwerenz

Nachtrag: Der Drucktermin der Mai-Ausgabe des Dresdner Kulturmagazins hat sich verschoben. Das Heft wurde daraufhin als Mai-Juni-Ausgabe herausgegeben. 

Transparenzhinweis: Der Autor schreibt regelmäßig für das Dresdner Kulturmagazin.

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