Bundesverband der Freien Radios kritisiert SLM-Medienrat

Der Bundesverband der Freien Radios (BFR) kritisiert den Medienrat der Sächsischen Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) in einer Stellungnahme scharf.

Dieser habe mit seiner Entscheidung, WSW Radio künftig als nicht-kommerziell zu lizensieren und entsprechende Fördermittel auszureichen, die Grenzen des Mediensystems verschoben.

Die Entscheidung basiere offenbar auf "mangelnder Fachlichkeit" und einem fehlenden Blick für die Tragweite, schreibt der Bundesverband.

Wörtlich heißt es in der Mitteilung:

"Diese Entscheidung führt zur Konkurrenz zwischen privatwirtschaftlichen und partizipativen Akteur:innen der Medienlandschaft. Sie verringert längerfristig die mediale Vielfalt, durch Verringerung der Chancen für echte NKL und Aufweichung der an diese gestellten Qualitätsansprüche. Der Medienrat erhebt sich hier quasi zum Gesetzgeber, indem er Grundsätze der sächsischen Medienlandschaft verschiebt."

Und:

"Für uns liegt aber auf der Hand, dass der Medienrat mit seiner Entscheidung, Gelder die für die Förderung von NKL vorgesehen sind, an temporär als nichtkommerzielle Anbieter umgelabelte Wirtschaftsunternehmen auszureichen, Grenzen verwischt, für die das SächsPRG grundlegend ist. Wir gehen davon aus, dass dies den Intentionen des Gesetzgebers widerspricht."

Weiter heißt es:

"Der Medienrat sendet mit seiner Entscheidung fatale Signale: An die in den NKL aktive und/oder abgebildete Zivilgesellschaft, dass deren mediale Partizipationsmöglichkeiten von der SLM wohl nicht gewürdigt und in Folge nicht im notwendigen Rahmen gesichert werden sollen. An die Medienwirtschaft geht mit dieser Entscheidung das Signal, dass ihre Problemlagen mit unlauterem Gebaren temporär auflösbar scheinen. Dass sich die kommerziellen Anbieter ohne die notwendige Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle nach Ende der Mitnahmephase in der gleichen Situation wie zuvor wiederfinden werden, scheint als logische Folge in dieser Entscheidung eingepreist. Den fehlenden Blick der Konsequenzen für die sächsische Medienlandschaft als auch der deutliche Widerspruch zu bundesweit angewandten Standards, kann für alle von dieser Entscheidung Betroffenen nur irritierend wirken."

Der BFR fordert den Medienrat der SLM auf, Transparenz über die Gründe für Entscheidung herzustellen sowie eine Erklärung zu den Folgeabschätzungen vorzunehmen, würden doch nun sicherlich weitere Begehrlichkeiten privatwirtschaftlicher Rundfunkveranstalter hinzukommen.

In Richtung des Gesetzgebers formulierten die Freien Radios den Wunsch, das Privatrundfunkgesetz zu überarbeiten und dort die Bedeutung der Freien Radios entsprechend zu berücksichtigen. Und:

"Schließlich und endlich ist es an der Zeit, die Strukturen und Gremien der SLM erst Recht nach diesem willkürlichen Handeln auf den Prüfstand zu stellen".

Hintergrund: Radio WSW wird nicht-kommerziell

Konkret geht es um die Entscheidung der SLM, künftig auch dem bisher kommerziell arbeitenden Radio WSW Fördermittel aus dem für NKL (Nichtkommerzielle Radios) vorgesehenen Topf zu geben (vgl. FLURFUNK vom 28.6.2023: "Inhalte-Förderung: SLM gibt geförderte Projekte bekannt").

Zuvor hatte der Medienrat dem Antrag von WSW stattgegeben, künftig nicht mehr als kommerzielles, sondern als nicht-kommerzielles Radio lizensiert zu sein (vgl. FLURFUNK vom 26.6.2023: "Erdbeben im sächsischen Radiomarkt: WSW will nicht-kommerziell werden").

WSW gehört seit Anfang des Jahres zur Sachsen-Fernsehen-Gruppe (vgl. FLURFUNK vom 9.6.2023: "Oberlausitz TV und WSW Radio gehören jetzt zu Sachsen Fernsehen“).

Hier geht es zur Mitteilung des Bundesverband Freier Radios vom 28.7.2023: "Medienratsentscheidung verschiebt Grenzen im Mediensystem: Stellungnahme zu den Entscheidungen der Sächsischen Landesmedienanstalt".

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2 Kommentare
  • Gregor heinicke
    August 2, 2023

    ich finde es gut dass sich der bundesverband hier so eindeutig positioniert und klar macht Radio WSW ist kein nicht kommerzielles Radio sondern möchte einfach aufgrund eines wirtschaftlichen misserfolgs öffentlich-rechtliche Gelder einverleiben ohne überhaupt ein Konzept zu haben ohne überhaupt eine zugangsoffenheit zu haben möchte man sich nicht kommerzielles Radio nennen doch das freie Radio in Deutschland hat sich über die Jahrzehnte eine ganz eigene Definition geschaffen

  • Passi
    August 5, 2023

    Ich finde es sehr bedenklich, wie dieser Radiosender sich einfach in ein nicht-kommerzielles Radio umwandelt, ohne die Kriterien und die Werte eines freien Bürger*innenradios zu erfüllen. Ich bin der Meinung, dass die SLM hier eine falsche Entscheidung getroffen hat, indem sie Fördergelder an radio WSW vergibt, die den echten Freien Radios wie Radio BLAU, Radio T und coloRadio nun fehlen. Diese Radios leisten einen wichtigen Beitrag zur Meinungsvielfalt, Partizipation und Kultur in Sachsen und verdienen mehr Unterstützung.

    Ich sehe hier auch eine Gefahr für die Unabhängigkeit des Lokaljournalismus, wenn ein privater Radiosender wie radio WSW, der zur selben Unternehmensgruppe wie Sachsen Fernsehen gehört, sich mit Rundfunkbeitragsgeldern finanziert. Das ist eine klare Verletzung des Rundfunkstaatsvertrags und eine Benachteiligung der anderen Medienanbieter in Sachsen. Die Methode Haring hat System: Das zur selben Unternehmensgruppe gehörende Sachsen Fernsehen bekommt bereits Fördergelder in Millionenhöhe und nun auch noch Fördergelder für vermeintlichen Lokaljournalismus und das aus der Staatskasse.

    Ich finde es auch sehr schade, dass Radio Zett das freie Internetradio aus Zittau so schlecht dasteht. Ich habe gehört, dass der Verein total unstrukturiert und chaotisch ist, ein Mitglied soll den Sender sogar per Mausklick kurzzeitig gelöscht haben, andere manipulieren ständig am Sendeablauf und das Playout über einen amerikanischen Billiganbieter ist ohnehin unseriös. Das ist kein gutes Zeichen für die Qualität und die Zukunft des freien Internetradios in Sachsen.

    Ich hoffe, dass das Rundfunkkombinat demnächst sachsenweit auf DAB+ startet und eine gute Sendeabwicklungslösung findet. Ich wünsche den Macher*innen viel Erfolg und viele Zuhörer*innen und Sendungsmachende. Ich glaube, dass das Rundfunkkombinat ein spannendes Projekt ist, das die Freie Radioszene in Sachsen bereichern wird.

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