MDR/Foht: Intendant und Fernsehdirektor wussten schon 2009 Bescheid

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MDR-Intendant Udo Reiter, Bild: MDR/Martin Jehnichen

MDR-Intendant Udo Reiter und Fernsehdirektor Wolfgang Vietze haben bereits 2009 von den Finanzaktivitäten des suspendierten Unterhaltungschefs Udo Foht gewusst. Das geht aus einer Stellungnahme des Intendanten Udo Reiter hervor, die der MDR heute Vormittag (17.8.2011) verschickt hat.

Die Vorwürfe, Reiter und Vietze hätten davon gewusst, waren durch Recherchen der "SUPERillu" laut geworden (vgl. "Lesehinweis: die “SUPERillu” über Udo Foht – wusste Reiter schon 2009 Bescheid?").

Zitat aus der Stellungnahme Reiters von heute (die komplette Stellungnahme dokumentieren wir unten):

"Was die Kenntnis der Geschäftsleitung von den Fohtschen Praktiken betrifft, ist richtig, dass sich am 28.09.2009 ein Produzent an mich gewandt und darauf hingewiesen hat, dass ihm Herr Foht 10.000 Euro schulde. Ich habe diesen Vorgang an den Fernsehdirektor weitergegeben und erhielt von ihm Mitte Oktober die Mitteilung, dass die Sache erledigt sei. Daraufhin habe ich keine weiteren Nachforschungen angestellt. Der Fernsehdirektor selbst hatte seit Februar 2009 Kenntnis von einer weiteren Forderung an Herrn Foht in Höhe von 20.000 Euro. Diese Forderung wurde offenbar von einem Dritten beglichen. Die Details dieser Rückzahlungen sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen, zu denen wir nach Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft derzeit keine weiteren Angaben machen können."

Reiters Aussage steht in direktem Gegensatz zu seiner Antwort gegenüber der "BILD"-Zeitung, der er Anfang August im Interview ("Warum gibt es beim MDR immer wieder Betrügereien?") auf die Frage geantwortet hatte, wann er von den Unregelmäßigkeiten erfahren habe:

"Bei der Überprüfung unserer internen Strukturen nach dem KIKA-Skandal erhielten wir Ende Mai erste Hinweise."

Seltsam mutet auch Reiters Versuch an, seine ersten Kenntnisse vom September 2009 so darzustellen, als habe es sich um einen einmaligen Vorwurf gehandelt. Der sei schnell privat von Foht (oder Vietze?) geregelt worden. Im gleichen Absatz gibt Reiter aber zu, Fernsehchef Vietze habe bereits im Februar 2009 von dem Finanzgebahren des Unterhaltungschefs gewusst. Reiters Argumentation dazu: Dem Sender (und also dem Gebührenzahler) sei ja kein finanzieller Schaden entstanden (was bereits in seinem Brief an die zuständige Staatskanzlei Sachsen-Anhalt und die Rundfunk- und Verwaltungsräte mehrfach betont hatte).

In seiner Mitteilung geht Reiter auch direkt auf die Äußerungen des Chefs der Sächsischen Staatskanzlei Johannes Beermann im aktuellen "SPIEGEL" ("Ermittler gehen Hinweisen auf Schwarzgeld nach") ein, der sich extrem kritisch über die Strukturen der Sendeanstalt geäußert hatte. Zitat aus der MDR-Mitteilung:

"Vor diesem Hintergrund zu behaupten, im MDR sei 'kaum eine Instanz intakt', ist maßlos und unangemessen."

Reiter stellt die Vermutung auf, die aktuellen Vorgänge sollten im Rahmen der anstehenden Intendantenwahl instrumentalisiert werden. Explizit ist hier wohl gemeint, dass die Sächsische Staatskanzlei den "LVZ"-Chefredakteur Bernd Hilder für den Intendantenposten favorisiert - als jemanden "von außen", der mal richtig aufräume (wobei man an dieser Stelle die Frage erlaubt sein muss, welche Kompetenzen Bernd Hilder dafür eigentlich mitbringt).

In dem ganzen Schreiben präsentiert Reiter sich selbst als die Person, die die Aufklärung massiv vorantreibe - tatsächlich ging nach unserem Kenntnisstand die Vorschlag nach einer Rundfunkratssondersitzung von Reiter aus (anders, als es mancher Medienpolitiker vielleicht darstellen möchte). Auch die Suspendierung von Udo Foht dürfte nicht ohne Reiters Zustimmung passiert sein. Wobei in diesem Kontext zu berücksichtigen ist, dass die amtierende juristische Direktorin Karola Wille ebenfalls als Kandidatin für den Intendanten-Posten im Gespräch ist. Von ihr war die Suspendierung Fohts ausgegangen, umgehend nachdem sie Kenntnisse von den Vorwürfen bekommen hatte.

Er werde, so Reiter weiter, sein möglichstes tun, seinem Nachfolger einen geordneten Sender zu übergeben. 

Ob das die entscheidenden Gremien (noch) zulassen werden? Und ob der Verwaltungsrat tatsächlich an seinem straffen Zeitplan für die Kür des Nachfolgers festhalten wird?

 

Hier dokumentieren wir die gesamte Mitteilung des MDR:

MDR-Intendant zu Anfragen im Fall Foht

Zur Berichterstattung und den Anfragen im Fall Udo Foht teilt MDR-Intendant Udo Reiter folgendes mit:

„Nach dem Betrugsfall beim KI.KA habe ich im Mai 2011 eine unabhängige Untersuchungskommission beauftragt, die Strukturen und Abläufe innerhalb des Hauses zu überprüfen, um ähnliche Vorkommnisse in Zukunft auszuschließen. Daraufhin hat sich ein Produzent an die Juristische Direktorin des MDR gewandt und ihr von merkwürdigen Geldgeschäften im Bereich der Fernsehunterhaltung berichtet. Die sofort eingeleiteten Nachforschungen ergaben, dass der Leiter des Programmbereichs Unterhaltung des MDR Fernsehens, Udo Foht, sich offenbar bei Produzenten und Privatpersonen Geld geliehen hat, das er angeblich für Produktionen oder notleidende Produktionsfirmen benötigte. Dieses Geld wurde dann teilweise von Dritten, teilweise mit großer Verspätung, teilweise gar nicht zurückgezahlt.

Dem MDR ist nach bisherigem Erkenntnisstand durch die Geschäfte von Herrn Foht keinerlei finanzieller Schaden entstanden. Gleichwohl hat der Unterhaltungschef grob gegen MDR-Regularien verstoßen. Ich habe ihn deshalb unverzüglich vom Dienst suspendiert und den Vorfall der Staatsanwaltschaft übergeben.

Was die Kenntnis der Geschäftsleitung von den Fohtschen Praktiken betrifft, ist richtig, dass sich am 28.09.2009 ein Produzent an mich gewandt und darauf hingewiesen hat, dass ihm Herr Foht 10.000 Euro schulde. Ich habe diesen Vorgang an den Fernsehdirektor weitergegeben und erhielt von ihm Mitte Oktober die Mitteilung, dass die Sache erledigt sei. Daraufhin habe ich keine weiteren Nachforschungen angestellt. Der Fernsehdirektor selbst hatte seit Februar 2009 Kenntnis von einer weiteren Forderung an Herrn Foht in Höhe von 20.000 Euro. Diese Forderung wurde offenbar von einem Dritten beglichen. Die Details dieser Rückzahlungen sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen, zu denen wir nach Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft derzeit keine weiteren Angaben machen können.

Dass nun interessierte Kreise diese Dinge dazu benutzen, den MDR und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt anzugreifen, war zu erwarten. Dabei wird gezielt ignoriert, dass im MDR Tausende von engagierten Mitarbeitern gute Arbeit leisten. Der MDR gehört zu den erfolgreichsten Sendern in der ARD, seine Programme sind beim Publikum beliebt und seine Finanzen geordnet. Richtig ist, dass das Einrichten von Controlling-Planstellen in den stürmischen Aufbaujahren nicht immer im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stand. Letztlich haben aber die Kontrollinstanzen des MDR zur Aufklärung der Betrugsfälle entscheidend beigetragen. Vor allem Rundfunk- und Verwaltungsrat haben ständig auf die Offenlegung aller Tatbestände gedrängt. Am 31.8. findet zum Fall Foht eine Sondersitzung des Rundfunkrats statt.

Vor diesem Hintergrund zu behaupten, im MDR sei „kaum eine Instanz intakt“, ist maßlos und unangemessen. Die Vermutung liegt nahe, dass hier versucht werden soll, die aktuellen Probleme des MDR zu instrumentalisieren, um den Sender und seine Organe im Vorfeld der Intendantenwahl unter Druck zu setzen.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Aufklärung der Vorwürfe vom MDR ausgegangen ist und dass wir selbstverständlich alles veranlassen werden, um den gesamten Tatbestand in Zusammenarbeit mit der Untersuchungskommission und der Staatsanwaltschaft lückenlos offen zu legen. Ich werde jedenfalls mein möglichstes tun, um meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin einen geordneten Sender zu übergeben.“

Hier finden Sie das Original: "MDR-Intendant zu Anfragen im Fall Foht".

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