Arbeit für Saft und Benzin – die Partyfotografie in Dresden

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Erst ins Downtown, dann schnell in den Schlachthof, anschließend noch ins PM. Mittlerweile ist es schon kurz nach 2 Uhr morgens. Doch für Claudia ist das Alltag. Sie ist Partyfotografin in Dresden. "Ich hab schon bis zu 5 Locations an einem Abend besucht, aber das ist dann auch die Grenze." Ihren Namen mussten wir ändern. Die Studentin erzählt viele Details zu ihrem Job. Deswegen möchte sie lieber unerkannt bleiben.

Claudia kam leicht an ihre nicht ganz gewöhnliche Arbeit. Sie liebte schon von Kind auf das Fotografieren und hat sich später eine Spiegelreflex-Kamera zugelegt. Nachdem sie ein Jahr ohne Bezahlung auf Partys fotografiert hat, kamen schnell Anfragen von "Prinz" und "Frizz". Sogar für die "Sächsische Zeitung" und die "BILD" hat sie schon fotografiert bzw. tut es immer noch. Doch für Zeitungen zu fotografieren ist sehr mit Stress verbunden und erfordert auch mal den Einsatz von Ellenbogen.

Zur Partyfotografie kann man auf unterschiedliche Wege kommen. Es gibt viele Partyportale wie port01.com, virtualnights.com oder dd-inside.com, bei denen man per E-Mail eine Anfrage schicken kann. Sobald man dann einmal im Geschäft ist, werden eventuell auch größere Zeitungen auf einen aufmerksam.

In der Showboxx treffen wir Martin. Er hatte einfach bei "port01" wegen einem Fotografenjob angefragt und sofort eine Zusage bekommen. Seit dem fotografiert er ausschließlich für dieses Portal in verschiedenen Clubs. "Am wichtigsten ist Spaß am Fotografieren", schreit Martin, damit man ihn bei der lauten Musik versteht. Nachdem er einige Jungs mit Handschlag und das ein oder andere Mädchen mit Wangenkuss begrüßt hat, fügt er hinzu: "Man lernt viele neue Leute kennen und kann dadurch Kontakte knüpfen."

Fotografie für Apfelsaft und Benzin...

Spaß haben und Menschen kennen lernen, ist für junge Leute natürlich ganz wichtig. Doch spielt nicht auch das Geld eine Rolle? Obwohl es ein Jobangebot der Veranstalter ist, hat es manchmal nicht viel mit einem Job zu tun. Im Internet und in diversen Anzeigen findet man nur selten Angaben über die Bezahlung. Von vielen Partyfotografen ist die Auskunft darüber eher schwammig. Freier Eintritt natürlich, eventuell Getränkegutscheine, Bezahlung pro Abend – das sind meist die Antworten auf die Frage nach dem finanziellen Aspekt. Doch so mancher nennt doch schon mal Zahlen. Martin zählt zu denen, die über das Geld nicht viel reden. "Nur von Partyfotografie kann man nicht leben. Das ist nur Spaß und Hobby."

Bei Claudia ist das anders. Während sie nach ihrer letzten Veranstaltung zur Straßenbahn läuft, begleiten wir sie ein Stück. Dort erzählt sie, dass einige auf 400 € Basis arbeiten. Die meisten bekommen sogar nur 10 € pro Abend oder gar nichts. Doch sie scheint tatsächlich von dem Geld zu leben. Laut ihrer Aussage können das nur ca. 25% der Partyfotografen hier im Umkreis von sich behaupten. "Ich würde es nicht für Freigetränke und Tankgutscheine machen. Das ist doch Ausbeute." Durch die Aufträge bei der "Sächsischen Zeitung" in Kombination mit Veranstaltern wie "DD-Inside" oder "DD-Nightlife" verdient sie gut über 1000 € im Monat allein durch Partyfotografie. Dafür ist sie aber auch nahezu jeden Abend unterwegs. "Wenn man in vielen Clubs an einem Abend ist, hat es eher etwas von Fließbandarbeit." Aus diesem Grund konzentriert sie sich inzwischen lieber auf wenige Locations, bleibt dafür aber länger.

... und das journalistische Ideal?

Damit kann sie eine sorgfältigere Arbeit gewährleisten, um den jeweiligen Events ein gutes Image zu verleihen. Denn die Anzahl der "Klicks" auf ein Bild im Internet sagt viel über die Veranstaltung und über die Qualität der Fotos aus. Die Popularität der Websites, welche die Bilder veröffentlichen, steigt zudem auch noch an. Es ist dabei wichtig, dem Betrachter einen groben Überblick über das Event zu verschaffen. Kann man daraus nicht schlussfolgern, dass Partyfotografie Journalismus ist? Wozu noch einen Artikel über die Veranstaltung lesen? Man braucht sich bloß die Bilder anschauen und ist informiert! Dazu haben wir Michael Hiller, den Geschäftsführer des Deutschen Journalisten Verbandes in Sachsen, befragt. "Je nach Auftrag und Verwendung der Fotos kann man bei Partyfotografie tatsächlich von Journalismus sprechen." Herr Hiller meint damit, dass die Fotos das Geschehen widerspiegeln und möglichst wenig gestellt sein sollen. Wenn die typischen W-Fragen wie: „Was war los? Wer war da?“ anhand der Fotos beantwortet werden können, haben diese durchaus journalistische Qualität.

Was Michael Hiller da beschreibt, entspricht natürlich einem Ideal, das man in dieser Form selten vorfinden wird. "Größtenteils ist Partyfotografie kein Journalismus. Es dient vielmehr der Vermarktung eines Events", ergänzt er. Claudia erzählt uns in diesem Zusammenhang, als Fotograf solle man die Veranstaltung so voll wie möglich aussehen lassen. Würde man die negativen Seiten eines Events fotografieren, wäre das schließlich schlecht für den Veranstalter. Auch weibliche Attribute sorgen immer für hohe Klickzahlen, sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Internetnutzern. Dieses gestellte "in-die-Kamera-lächeln“ gilt für Hiller ebenfalls als Grund, warum Partyfotografie kein Journalismus ist.

Ist dieser Job denn eine Perspektive für die Zukunft? Martin, der hauptberuflich Industriemechaniker ist, meint: "Man kann sich nicht nur auf Partyfotografie festsetzen. Durch Kontakte bekommt man aber viele Chancen in andere Bereiche der Fotografie hineinzuschnuppern." Für Claudia ist Partyfotografie auch keine Perspektive. Obwohl sie auch Aufträge bei Hochzeiten und Zeitungen bekommt, möchte sie den Job nur noch so lange machen, wie sie studiert. "Es ist kein Beruf für mich. Die Arbeit ist sehr oberflächlich. Da sollte man lieber als professioneller Fotograf arbeiten", sagt sie noch abschließend, bevor sie in die Straßenbahn steigt und zu Hause sicher todmüde ins Bett fällt.

Melina Lehmann und Johannes Paulick 09.2.2011

Diese Arbeit entstand vergangenes Wintersemester im Rahmen des Seminars "Journalismus" am Institut für Kommunikationswissenschaften der TU Dresden. Dozent ist Peter Stawowy, Betreiber von Flurfunk Dresden. Der Text ist Teil der Seminarnote.


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