Carsten Dietmann, DDV: “Von den Umbaumaßnahmen nicht betroffen”

Der Umbau des Publishing-Geschäftes bei RTL (das vor einem Jahr mit dem Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr fusioniert ist) sorgte gestern bundesweit für ein Schlagzeilengewitter: Zahlreiche Zeitschriften des Traditionsverlags sollen eingestellt oder verkauft werden.

Über 700 Stellen am Standort Hamburg sind betroffen (hier die Mitteilung von RTL vom 7.2.2023: "RTL Deutschland stellt sein Publishing-Geschäft neu auf").

Die DDV-Mediengruppe mit ihren Marken Sächsische Zeitung/sächsische.de und Tag24/Mopo Sachsen war bis zur Fusion 2021 ein Teil von Gruner + Jahr. Inzwischen sind die Gesellschafteranteile an dem Verlagshaus (60%) direkt beim Mutterkonzern Bertelsmann angesiedelt.

Wir haben bei DDV-Geschäftsführer Carsten Dietmann nachgefragt, ob und welche Auswirkungen der Kahlschlag bei RTL für das Medienhaus aus Dresden hat.

"Die Zeitschriften haben letzten Endes das gleiche Problem wie die Zeitungen."

FLURFUNK: RTL Deutschland baut bei G+J zahlreiche Stellen ab. Ist die DDV auch betroffen? 

Carsten Dietmann: Nein. Wir sind ja nicht Teil der Fusion von RTL und Gruner + Jahr gewesen, sondern sind damals umgehangen worden, direkt zu Bertelsmann. Die DDV-Mediengruppe ist in keiner Form Teil dieses Einstellungs- und Verkaufsprogramms. 

FLURFUNK: Ist die DDV denn bedroht?

Dietmann: So viel und so wenig wie ohnehin: Mindestlohn und Energiekosten schlagen bei uns inzwischen voll durch. Wir sind aber grundsätzlich erstmal gesund. Aber das Print-Geschäft ist durch die Energiekrise und Mindestlohn stark unter Druck geraten. 

FLURFUNK: Wir hatten vor einem Jahren schon mal gesprochen, mit ähnlichen Fragen damals (vgl. FLURFUNK vom 15.2.2022). Wenn Bertelsmann jetzt das Zeitschriftengeschäft so reduziert – warum sollte der Konzern an einer Zeitung festhalten?

Dietmann: In der Pressemitteilung hatte es dazu ja geheißen: Die Beteiligungen bei Spiegel und DDV sind von den Umbaumaßnahmen nicht betroffen. Es gibt aktuell auch keinen Prozess, der uns bekannt wäre, dass es Verkaufsabsichten für die DDV gibt. 

FLURFUNK: Ist das denn langfristig im Raum? 

Dietmann: Naja, wir sind jetzt bei Bertelsmann, einem international tätigen Konzern. Wir sind ein regionales Medienhaus. Ich könnte mir schon vorstellen, dass das langfristig nicht passt. Aber wie gesagt: Nach meiner Kenntnis steht das aktuell nicht zur Debatte.  

FLURFUNK: Ist der Schritt von RTL bzw. Bertelsmann jetzt der Anfang vom Ende des Zeitschriften-Marktes in Deutschland? 

Dietmann: Die Zeitschriften haben letzten Endes das gleiche Problem wie die Zeitungen. Sind alle durch die hohen Papier- und Energiepreise und den Mindestlohn getroffen worden. Diese Effekte können die Zeitschriften genauso wenig wie die Zeitungen unbeschadet an die Leser weitergeben. Dann gibt es bestimmte Zeitschriften-Marken, für die es auch immer schwieriger ist, sich gegen kostenlose Inhalte aus dem Netz durchzusetzen. Ich glaube, dass da die Zeitschriften noch stärker im Bereich „nice to have“ sind als die Zeitungen. 

FLURFUNK: Wie bewerten Sie diese aktuellen Entscheidungen von RTL bzw. Bertelsmann? 

Dietmann: Man muss sich anschauen, was da passiert ist: Vor einem Jahr hat Thomas Rabe die RTL-Mitgesellschafter überzeugt, G+J zu übernehmen. Jetzt wickelt er einen Teil davon ab. Dazwischen liegen die Energiekrise und die Erhöhung des Mindestlohn. Das sind neue Rahmenbedingungen, die so nicht vorhersehbar waren. Für mich ist die Entscheidung, so hart das für die einzelnen Betroffenen ist, durchaus nachvollziehbar. 

FLURFUNK: Wie lange gibt es die Sächsische Zeitung noch gedruckt? 

Dietmann: Wir haben den Vorteil, einen eigenen Post-Dienstleister zu haben. Und unsere Druckmaschinen sind bezahlt. Im Moment haben wir 150.000 gedruckte Zeitungen, 15.000 ePaper- und 10.000 Sächsische.de-Abos - also 25.000 digitale Abos. Die verursachen keine Druckkosten und keine Vertriebskosten. Wir versuchen, langfristig das Zustellgeschäft zu flexibilisieren, d.h. die Zeitungsverteilung mit unserer Post zu erledigen. Je nachdem, wie sich das entwickelt, könnten wir dann noch bis zu einer Auflage von 50 oder 60.000 Auflage die Zeitung so drucken, dass es kein Verlustgeschäft ist. 

FLURFUNK: Vielen Dank für das Interview! 

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