64 Seiten Verantwortung: MDR stellt Sendekonzepte für Landtagswahlen vor

Am 1. September finden in Sachsen und in Thüringen Landtagswahlen statt. Was zur Bewährungsprobe für den Mitteldeutschen Rundfunk wird. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat am 11.7.2024 seine Konzepte für die Berichterstattung zu den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen vorgestellt, die parallel am 1.9.2024 stattfinden werden (vgl. Pressemitteilung des mdr.de vom 11.7.2024: "MDR veröffentlicht Wahlkonzepte zur Berichterstattung für die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen").

Der erste Eindruck ist ein großes Oha. Das Konzept für Sachsen vor der Wahl, während des Wahltages und nach der Wahl kommt auf 31 Seiten, jenes für Thüringen auf 33 Seiten. Ein ausführlicheres Sendekonzept für Landtagswahlen ist nicht erinnerlich.

Die Redaktionen der Dreiländer-Anstalt haben ganz, ganz dicke Bretter gebohrt, damit der MDR seine geplante trimediale Berichterstattung bestens absolvieren kann. Im Prolog streicht Chefredakteurin MDR-Chefredakteurin Julia Krittian heraus, „diese Landtagswahlen stehen unter besonderer Beobachtung weit über die sächsischen und thüringischen Grenzen hinaus“. Gerade angesichts möglicher Veränderungen und Unwägbarkeiten brauche es eine gewohnt sorgfältige, hintergründige, verständliche Berichterstattung.

Kein Mangel an Transparenz

Was folgt, ist eine Gebrauchsanweisung für Fernsehen, Hörfunk und Online, der es an Transparenz in keiner Weise mangelt. So heißt es, die MDR-Berichterstattung im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen erfolge auf der Grundlage der Rundfunkfreiheit und der Freiheit der redaktionellen Berichterstattung im Einklang mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen und gesetzlichen Vorgaben. Ist das, was da herausgestrichen wird, für einen öffentlich-rechtlichen Sender nicht selbstverständlich?

Weiter steht geschrieben: „Die Redaktionen werden ausgewogen und unparteiisch über Ereignisse im Zusammenhang mit der anstehenden Wahl berichten. Gleichzeitig ordnen die Redaktionen die Aussagen und Parteiziele im Rahmen redaktioneller Beiträge journalistisch ein und bewerten sie unabhängig und frei.“ Somit verwirkliche der MDR seine Programmautonomie und trage dem Neutralitätsgebot Rechnung.

Könnte der Eindruck aufkommen, die MDR-Wahlverantwortlichen hätten ihren Angstschweiß zu Papier gebracht, was da bei mdr.de ("Konzept des MDR für die Wahlberichterstattung zur Landtagswahl in Sachsen 2024") en détail nachzulesen ist. Soll keiner und schon gar nicht die AfD sagen können, der Sender werde parteiisch berichten, gar Partei nehmen. Das wäre nicht nur unangemessen, sondern fatal, denn die Rechtsaußen-Partei ist Propagandist des auf einen „Grundfunk“ geschrumpften öffentlich-rechtlichen Rundfunks – und kommen die Wahlergebnisse wie vorhergesagt, wird die AfD ihre (institutionellen) Einflussmöglichkeiten auf die ARD-Anstalt ausbauen können.

Aus der Defensive

Klingt alles ziemlich defätistisch, oder? Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Gestalt des MDR agiert aus der Defensive heraus. Die Wahlkonzepte können aber auch in anderer, gegenteiliger Richtung gelesen werden. Sie sind sorgfältig, ausdifferenziert, angemessen. Es darf nicht übersehen werden, in welchen Zeiten in Thüringen und in Sachsen gewählt wird. Kleinigkeiten werden Großigkeiten, die Medien, insbesondere der MDR, sind unter Beobachtung, wenn nicht unter Verdacht gestellt. Vorwürfe bis Fake News einer unfairen Berichterstattung werden schnell bei der Hand. sein.

Da braucht es ein Gegenmittel, gegen die allfällige Verteufelung eines an Genauígkeit, Transparenz und Ausgewogenheit orientierten Denkens und Handelns. Die Wahlkonzepte des MDR sind ein Ausdruck für dieses Gegenmittel. Bravo! Und sie geben hoffentlich ein Vorbild, wenn der Rundfunk Berlin-Brandenburg über die Landtagswahl in der Mark am 22.9.2024 berichten muss. Joachim Huber

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