Sachsen will den dienstlichen Kontakt von Lehrern und Schülern in sozialen Netzwerken wie Facebook untersagen. Das geht aus einer "Festlegung zur dienstlichen Nutzung von sozialen Netzwerken an Schulen" des sächsischen Kultusministeriums hervor, über die heute (6.6.2014) die "Freie Presse" berichtet.
Die Zeitung bietet das Dokument auch zum Download an unter freiepresse.de/festlegung.
Wörtlich heißt es in dem Papier:
"Da eine Einwilligung immer nur für einen bestimmten Datenverarbeitungsvorgang gegeben werden kann und dieser auch genau bezeichnet werden muss, ist diese Voraussetzung nicht zu erfüllen, da vollkommen unklar ist, wie Facebook nach dem Einstellen der personenbezogenen Daten mit diesen weiter verfährt. Damit entfällt dem Grunde nach die Möglichkeit, dass der Lehrer in Ausübung seines Berufes personenbezogene, aus dem Bereich Schule resultierende Daten über Facebook austauscht. Daher sollten keinesfalls schulbezogene, personenbezogene Daten (z. B. Zensuren, Leistungsbewertungen, Hinweise zu Versetzungsgefährdungen, Empfehlungen zur individuellen Förderung oder zu Bildungswegen, Berufs- und Studienempfehlungen, Krankmeldungen, Unfallanzeigen, Beschwerden, Fotos) über Facebook ausgetauscht werden. Dies ist als datenschutzrechtlich unzulässig zu bewerten."
Die Aufforderung an die Schüler, sich etwa im Rahmen des Unterrichts bei Facebook anzumelden, sei ein "nicht gerechtfertigter Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung, weil mit der Anmeldung eine zwangsweise Offenlegung personenbezogener Daten einhergeht."
In der Festlegung wird zur Begründung angeführt, dass bei sozialen Netzwerken wie Facebook ("exemplarisch genannt für ähnlich ausgerichtete privatwirtschaftliche Unternehmen") "keine Transparenz und insbesondere auch keine Kontrolle über die Verarbeitung der persönlichen Daten" möglich sei. Die Datenverarbeitung dort sei deswegen als unsicher einzustufen. Es gebe kein Widerspruchsrecht über die private Nutzung der Daten und die Auswertung und weitere Verwendung seien nicht zu kontrollieren.
Zitat aus der Festlegung:
"3. Aufgrund der hohen Unsicherheit über die Verwendung der Daten durch Facebook, die besondere, unkalkulierbaren Breitenwirkung sozialer Netzwerke und der besonderen Schutzbedürftigkeit insbesondere von minderjährigen Schülern ist eine dienstliche Nutzung von sozialen Netzwerken zwischen Lehrern und Schülern nicht zu empfehlen und deshalb ist davon abzusehen."
Das Papier, dass ab kommendem Schuljahr gelten soll, enthält auch den Hinweis, dass die private Nutzung jeder für sich selbst entscheiden könne. Laut dem Bericht der "Freien Presse" stößt die Vorlage bei der Lehrerschaft auf Widerstand.
Titel der "FP"-Geschichte (inklusive Übersicht, wie andere Bundesländer mit dem Thema verfahren): "Sachsen plant Facebook-Verbot an Schulen – Lehrer wehren sich".
Erst vor wenigen Tagen hatten verschiedene Medien darüber berichtet, dass das sächsische Innenministerium eine Richtlinie für den dienstlichen Umgang mit sozialen Netzwerken herausgeben will (vgl. "BILD" vom 3.6.2014: "Facebook-Verbot für Sachsens Beamte", aber auch "Freie Presse" vom 3.6.2014: "Kein Facebook-Verbot für Sachsens Beamte").
In der aktuellen Ausgabe der Kultusministeriums-Zeitschrift* "KLASSE" ist ein Interview mit dem sächsischen Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig zum Thema Schule und Facebook erschienen (zu finden auf S 15).
Zitat Andreas Schurig:
"Lehrer betreuen Schüler in einem besonderen Gewaltverhältnis und dabei sind natürlich bestimmte Spielregeln einzuhalten, wie bei anderen Amtsträgern auch. Bei personenbezogenen Daten muss deshalb ein Kanal verwendet werden, der sicher ist, der rechtskonform verwendet und eingesetzt wird."
Hier finden Sie die Langfassung des Interviews mit dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten.
* Transparenzhinweis: stawowy media, Herausgeber von Flurfunk Dresden, produziert als Dienstleister die Zeitschrift "KLASSE" im Auftrag des sächsischen Kultusministeriums.
Juni 8, 2014
Na da haltet ihr euch mit Wertungen aber ganz schön stark zurück. Ist das derart vermintes Gelände dass ihr euch nichtmal eine Stellungnahme zutraut?
Juni 10, 2014
Hallo Anja, nein, das ist überhaupt kein vermintes Gelände und hier wäre eine Kommentierung von uns sicher kein Problem gewesen. Wobei: Grundsätzlich bemühe ich mich bei Themen, die meine Kundschaft betreffen, um eine größtmögliche Neutralität.
Im vorliegenden Falle wäre ich mir aber auch gar nicht so sicher gewesen, was ich davon halten soll. Die Regelung mag im ersten Moment rückschrittlich wirken - ich finde die Argumente der Datenschützeraber auch nicht völlig abwegig.
Juni 11, 2014
Dann komm doch heute Abend ;-) ins Kleine Haus