Bundesverband der Freien Radios: SLM-Vorschlag zur Digitalisierung “unzumutbar”

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Der Bundesverband Freier Radios hat mit einem offenen Brief auf den Vorschlag der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) reagiert, die Freien Radios Coloradio Dresden, Radio Blau Leipzig und Radio T Chemnitz sollten von der analogen UKW- zur digitalen Verbreitung via DAB+ wechseln (vgl. Flurfunk Dresden vom 26.10.2012: "SLM: Freie Radios sollen von UKW zu DAB+ wechseln").

In dem Schreiben drückt der Bundesverband, in dem 33 Freie Radios Mitglied sind, seine Verwunderung über den Vorschlag aus und vergleicht den Verzicht auf die UKW-Ausstrahlung "einer Abschaltung" ähnlich.

Zitat aus dem offenen Brief:

"Da es aus unserer Sicht momentan nicht absehbar ist, ob sich der DAB+ Standard in Deutschland durchsetzen wird, ist ein derzeitiger Vertragsabschluss mit einem Verzicht auf die UKW-Frequenzen nicht vertretbar. Damit würde die Verbreitung auf dem mit Abstand meistgenutzten Verbreitungsweg UKW beendet."

Den vollständigen offenen Brief dokumentieren wir hier:

 

Offener Brief an die sächsische Landesmedienanstalt SLM [vom 30.10.2012]

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Erstaunen haben wir ihr Angebot zum Umstieg der Freien Radios in Sachsen auf DAB+ zur Kenntnis genommen.

Sie haben auf Ihrer Pressekonferenz am 22.10.2012 in Dresden unseren Mitgliedsradios Radio Blau in Leipzig, Radio T in Chemnitz und coloRadio in Dresden angeboten, den Weg in die digitale Zukunft zu ebnen. Wir sind an einem gleichberechtigten Zugang zu neuen Möglichkeiten der Hörfunkverbreitung sehr interessiert. Jedoch ist der Verzicht auf UKW als Bedingung des Vertragsabschlusses unzumutbar. Auch die Rücknahme der analogen Abschaltung an den Ausstieg des MDR zu koppeln, ist aus unserer Sicht nicht ausreichend, da öffentlich-rechtliche Sender bereits in den letzten 10 Jahren ohne relevante HörerInnenschaft digital gesendet haben.

Da es aus unserer Sicht momentan nicht absehbar ist, ob sich der DAB+ Standard in Deutschland durchsetzen wird, ist ein derzeitiger Vertragsabschluss mit einem Verzicht auf die UKW-Frequenzen nicht vertretbar. Damit würde die Verbreitung auf dem mit Abstand meistgenutzten Verbreitungsweg UKW beendet. Das käme einer Abschaltung nahe, da die Akzeptanz bei den HörerInnen, sich digitale Endgeräte zu kaufen, unklar ist. Die drei sächsischen Freien Radios wären die ersten Radios bundesweit, die auf eine analoge Ausbreitung verzichten müssten. Dies würde de facto eine deutliche Einschränkung der Medienvielfalt in Sachsen bedeuten. Die im kommenden Sommer stattfindende Überprüfung des Einführungserfolges des digitalen Hörfunks durch die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) und die damit verbundene Entscheidung über die Mittelfreigabe ab 2015 (siehe [1]) unterstützen ebenfalls unsere Position.

Das Beispiel Bayern zeigt, dass sich die Testphase der Digitalisierung auch ohne Verzicht auf UKW durchführen läßt. Unsere beiden Mitgliedsradios Radio Z in Nürnberg und Radio Lora München werden seit 26. Oktober 2012 bzw. zum 31. November 2012 neben der UKW Verbreitung zusätzlich auf DAB+ ausgestrahlt. In Bayern war damit auch eine Erhöhung der Förderung der Ausstrahlungskosten verbunden.

Wir fordern die sächsische Medienanstalt und Verantwortliche der Medienregulierung hiermit erneut auf, die vollständigen Kosten der Ausstrahlungskosten für die analoge und digitale Verbreitung der Freien Radios zu übernehmen. Diese sind als nichtkommerzielle und zugangsoffene Medien besonders förderungswürdig bei der öffentlichen Finanzierung, um kulturelle Vielfalt, soziale Teilhabe und lokale Verankerung zu gewährleisten. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die Erklärung des Ministerkommitees des Europarates vom 11. Februar 2009 „zur Rolle der Medien bei der Förderung des sozialen Zusammenhalts und des interkulturellen Dialogs“. In diesem Beschluss wurde hervorgehoben, dass Bürger- und Alternativmedien (Community Media) bei der Digitalisierung nicht benachteiligt werden dürfen [2].

Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Kyra Morawietz
geschäftsführender Vorstand
Bundesverband Freier Radios

[1] Letzte Seite: http://www.kef-online.de/inhalte/presse/kef_pressemitteilung_17012012_zusatzinfo4.pdf
[2] Erklärung des Europarates 2009: https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?id=1409919

Der Brief ist auch auf den Seiten des Bundesverband der Freien Radios zu finden.

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