Sächsisches Privatrundfunkgesetz: Koalition streitet über SLM-Struktur

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Gerade erst haben sich die Partner der sächsischen Regierungskoalition aus CDU, Grüne und SPD für ihre Halbzeitbilanz gefeiert. Ein Thema, in dem es aktuell aber gar nicht vorangeht, ist die Novellierung des Privatrundfunkgesetzes.

Zentraler Streitpunkt: die Struktur der SLM

Über die Vorgeschichte hatten wir ausführlich berichtet: Nach dem heftigen Streit 2019 zwischen den zwei Organen der SLM, der Versammlung und dem Medienrat (vgl. u.a. FLURFUNK vom 20.9.2019: "Positionspapier an Landtag: SLM-Versammlung fordert Abschaffung des Medienrats"), hatten die Koalitionspartner das Thema mit in den Koalitionsvertrag genommen - mit einer butterweichen Formulierung:

"Das Sächsische Privatrundfunkgesetz werden wir zeitnah novellieren und dabei die Aufgaben und die Gremienstruktur der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM) grundsätzlich anpassen."

"Grundsätzlich" und "zeitnah" - eine bewusst sehr unbestimmte und offene Formulierungen. Denn schon damals war klar: Die CDU bevorzugt das Modell "starkes Expertengremium", die Partner SPD und Grüne wollten deutlich mehr Einfluss und Macht für die Versammlung.

Staatskanzlei: erster Entwurf im Sommer 2021

Im Sommer 2021 hatte die Sächsische Staatskanzlei dann einen Entwurf für das neue Gesetz vorgelegt (vgl. FLURFUNK vom 9.7.2021: "Entwurf zum Sächsischen Privatrundfunkgesetz: UKW-Abschaltung soll gestrichen werden"). Der Entwurf enthält allerdings keine Vorschläge zu Änderungen an der Struktur: Demnach würde es also weiterhin das alles entscheidende Gremium Medienrat, bestehend aus fünf Personen, sowie die nur mit beratender Funktion ausgestattete Medienversammlung geben.

Im April 22 hatten wir dann mal in der Staatskanzlei nachgefragt, was jetzt aus dem Entwurf geworden ist. Die Antwort erläutete, dass der Entwurf bewusst "ausschließlich zwischen den Koalitionspartnern im Grundsatz unstreitige fachliche/rechtstechnische Themen, z.B. Streichung des UKW-Abschalttermins, redaktionelle Anpassungen an den Medienstaatsvertrag sowie die Einräumung einer Möglichkeit zur Förderung lokaler Veranstalter aus Haushaltsmitteln" enthält.

Denn:

"Die politischen Themen, insbesondere Struktur und Zusammenwirken der Organe der SLM, sollten nach einer Verständigung der Koalitionsfraktionen im Landtag einer Einigung zugeführt werden. Diese Einigung sollte Basis eines gemeinsamen Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen zum Gesetzesentwurf sein. Diese Einigung ist bis jetzt nicht erfolgt, so dass bereits ein Kabinettsbeschluss zur Überleitung des Gesetzesentwurfs in den Landtag nicht erfolgen kann – geschweige denn ein gemeinsamer Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. In dieser Situation ist die SK gebeten worden, die Gespräche zwischen den Koalitionsfraktionen zu moderieren."

UKW-Abschaltung für private Radio-Anbieter wichtig

Zur weiteren Zeitplanung konnte sich die Staatskanzlei nicht äußern - hängt der doch von der Kompromiss-Findung innerhalb der Koalition ab:

"Aussagen hierzu sind naturgemäß schwierig. Die Gespräche laufen und wir hoffen, dass sich alle Beteiligten auf eine für alle Seiten akzeptable Lösung verständigen. Der Entwurf enthält gerade in seinem fachlichen Teil Regelungen von großer Bedeutung für die Medienschaffenden in Sachsen, die dringend auf entsprechende Änderungen warten."

Mit "Regelungen von großer Bedeutung" ist die Abschaltung von UKW gemeint - die muss laut jetzt gültigem Gesetz im Jahr 2025 erfolgen. Sie ist auf den mindestens 15 Jahre alten Plan zurückzuführen, die Nutzung von Digitalradio (DAB) per Gesetz durchzusetzen, und im Laufe der Jahre immer wieder verschoben worden (gern denken wir an diese FLURFUNK-Überschrift, die uns das Thema beschert hat ;-) ).

Für die privaten Radio-Anbieter hätte die immer noch gesetzlich vorgeschriebene UKW-Abschaltung zum Jahr 2025 wohl erhebliche wirtschaftliche Folgen.

Neue Versammlung nach altem Gesetz, ...

Hintergrund für unsere Nachfrage im April: Damals hatte sich die neue Versammlung, die turnusgemäß alle sechs Jahre neu zusammengesetzt wird (das "Wer" ist im Gesetz geregelt, konkret in §29; und wer sich für die durchaus unterschiedlichen Strukturen der Landesmedienanstalten in den Bundesländern interessiert, findet dazu mehr bei Wikipedia), nach dem noch gültigen Gesetz konstituiert (vgl. FLURFUNK vom 27.4.2022: "Sächsische Landesmedienanstalt: Neue Versammlung nimmt ihre Arbeit auf").

In dem Abschlussbericht der 5. Versammlung (hier als PDF) war zu lesen:

"Das Gremium befasste sich - unter Einrichtung zeitlich begrenzter Sonderausschüsse - mit den Organisationsstrukturen bzw. Gremienmodellen anderer Landesmedienanstalten in Deutschland und entwickelte Vorschläge für eine modifizierte Organisationsstruktur der SLM. (...) Im Ergebnis wurde den Landtagsfraktionen eine Empfehlung für die laufende Debatte über eine mögliche Novellierung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes übersandt. Grundlage dieser Überlegungen waren auch verschiedenste Empfehlungen des Landesrechnungshofes hinsichtlich der Arbeit und der Finanzierung der SLM."

... aber der Medienrat auch?

Ob der Vorschlag in der aktuellen Diskussion innerhalb der Koalition eine Rolle spielt, ist uns nicht bekannt. Bekannt ist allerdings:

Im Winter 2022 endet auch die sechsjährige Amtszeit des fünfköpfigen Medienrats. Die Mitglieder des Medienrats müssen mit einer 2/3-Mehrheit vom Landtag gewählt werden. Heißt: Nicht nur die Koalitionäre müssen sich auf entsprechende Expertinnen verständigen, sie brauchen auch noch eine der beiden Oppositionsparteien für die Wahl - was zwangsläufig auf die Linke hinausläuft.

Also: Sofern eine Einigung gefunden wird, ob es das Gremium dann noch gibt und wie die Zusammensetzung dann aussehen wird.

Verhandlungen festgefahren?

Keiner der medienpolitischen Zuständigen der drei Fraktionen will sich aktuell zu dem Vorgang äußern. Das würde nur die laufenden Verhandlungen stören, man bitte um Verständnis, heißt es unisono.

Umso mehr wird in der Branche getratscht: Von totalem Stillstand ist da die Rede. Und von freundschaftlichen Verbindungen und Antipathien, insbesondere war die einzelnen Mitglieder des Medienrats und deren Verbindung zu den medienpolitischen Sprechern betrifft.

Dass es bis November also ein neues Gesetz geben wird, erscheint zunehmend unwahrscheinlich. Sollte man sich nicht bald verständigen, wird der amtierende Medienrat vermutlich erst mal geschäftsführend im Amt bleiben. Was hinsichtlich der Entscheidungsfindung beispielsweise bei weiteren Fördermaßnahmen etwa für lokaljournalistische Angebote, aber auch vor dem Hintergrund nationaler Verpflichtungen etwa bei der Aufsicht und Regulierung von Online-Angeboten durchaus problematisch werden dürfte.

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