SLM: Geschäftsführer Deitenbeck und Medienrat verständigen sich auf Auflösung des Arbeitsvertrags

Die Personalentscheidung kam reichlich überraschend: Am vergangenen Donnerstag (7.2.2019) verkündete die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) in knappen Worten, dass der Medienrat als höchstes Gremium den SLM-Geschäftsführer Martin Deitenbeck "mit sofortiger Wirkung" abberufen habe.

Dies hatte das Gremium kurz vorher in einer außerordentlichen Sitzung beschlossen.

Über die Gründe für das Ende von Deitenbecks Tätigkeit nach 20 Jahren schwiegen und schweigen sich seitdem alle Beteiligen beharrlich aus.

Nun hat die SLM heute (15.2.2019) mit einer Pressemitteilung verkündet, man habe sich "einvernehmlich und abschließend auf eine Auflösung seines Arbeitsvertrages zum 31. März 2019" verständigt.

Heißt: Auch Martin Deitenbeck ist mit der Regelung einverstanden - man geht getrennte Wege, ohne sich weiter rechtlich auseinanderzusetzen.

Zur Begründung heißt es in der Mitteilung:

"Die Gründe für die Abberufung des langjährigen Geschäftsführers liegen in erheblichen Differenzen zu wesentlichen Fragen der strategischen Ausrichtung der Arbeit der SLM. Martin Deitenbeck wurde bereits am 07.02.2019 mit sofortiger Wirkung vom Entscheidungs- und Beschlussgremium der SLM abberufen und bleibt bis Ende März beurlaubt."

Weiter heißt es, dass ausdrücklich nicht "seine Mitarbeit an dem schwierigen Verfahren um den 2. bundesweiten DAB+-Multiplex"zu den Gründen für Deitenbecks Abberufung gehört.

Das bezieht sich auf einen Mittwoch erschienen Beitrag der BILD, die geschrieben hatte, Deitenbeck sei ein Bauernopfer - weil der SLM eine Schadensersatzklage drohe (vgl. BILD vom 13.2.2019: "Sachsen droht eine 103-Millionen-Klage" - siehe dazu auch unsere Ausführungen weiter unten).

Stillschweigen vereinbart

Wörtlich heißt es außerdem in der Mitteilung:

"Die Parteien verpflichteten sich über diese Information hinaus, zu den Inhalten bzw. den Gründen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Stillschweigen zu bewahren."

Es folgen ein Dank des Medienrats an Deitenbeck für seinen engagierten Einsatz für den privaten sächsischen Rundfunk. Und der - offenkundig wohlwollende - Wunsch, dass er "für die weitere Entwicklung des Rundfunks und der Medien in Deutschland seine Erfahrungen erfolgreich an anderer Stelle weiter einbringt".

Weiter heißt es, dass zeitnah eine Ausschreibung für die Geschäftsführungsstelle erfolge.

Der konkrete Anlass bleibt unklar

Dass so wenig über die Gründe für das Zerwürfnis nach außen dringt, ist reichlich ungewöhnlich. Das facht die Spekulationen erst so richtig an.

Wir wollen uns daran nicht beteiligen, geben aber mal ein paar Hinweise zu Einordnung (wer mag, kann gern in den Kommentaren oder auf anderen Wegen erweiterte Hinweise geben):

Sowohl auf Ebene der Landespolitik wie auch aus dem Haus selbst ist zu hören, dass der Abschied sehr plötzlich kam - aber an sich nicht überrascht.

Politikkenner sagen: Zwar ist der Medienrat in seinen Entscheidungen souverän. Gleichwohl wird bezweifelt, ob das Gremium eine so gewichtige Entscheidung ohne Rückendeckung aus der Medienpolitik, also aus Landtag und/oder Staatskanzlei, entschieden hätte. Darüber kann man schon streiten.

Fakt aber ist: Die SLM hat in jüngerer Zeit nicht das beste Bild nach außen abgegeben. Gleich mehrere Geschichten sorgten innerhalb der vergangenen Jahre für Schlagzeilen über die SLM und Unmut innerhalb des Landtages.

Hohe Vergütung, Kritik des Rechnungshofs

Im August 2017 berichten verschiedene Medien darüber, dass der Bericht des Rechnungshof über die Landesmedienanstalt ein Nachspiel im Landtag gehabt hätte – und zwar im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien.

U.a. hatte der Rechnungshof die "Überfinanzierung" der SLM moniert sowie die teilweise außertarifliche Bezahlung der Leistungsebene, die Vergütungen der Medienräte sowie mangelnde Transparenz kritisiert.

Trotz Widerspruch durch die SLM-Führung forderte der Medienausschuss ordentliche Nacharbeit bis zum 31.1.2019 von der SLM ein - die in dieser Woche dann im Medienausschuss auch "zur Kenntnis" genommen wurde.

Wir hatten damals die Medienberichte darüber in einem Blogbeitrag dokumentiert (vgl. FLURFUNK vom 28.8.2017: "SLM: Diskussion um Medienrat, Rechnungshofbericht hat Nachspiel").

In der Folge war insbesondere aus der politischen Ebene zu hören, dass die Perfomance der SLM-Spitze - in dem Falle Deitenbeck und Sagurna - nicht die beste gewesen sei. Und dass möglicherweise über kurz oder lang ein Wechsel an der Spitze zu begrüßen sei.

Heißt: Mindestens Deitenbeck galt ab diesem Zeitpunkt auf landespolitischer Ebene als angezählt.

Wobei: Die SLM hat als Institution weitreichende Autonomie - der Landtag kann dem Medienrat keine Anweisungen geben! Der politische Druck für einen personellen Wechsel war trotzdem da.

Versemmelte DAB+-Multiplex-Ansiedlung

Ein weiterer Kritikpunkt an der Arbeit der SLM ist die Geschichte, die die BILD in dieser Woche als vermeintlichen Grund für das Zerwürfnis zwischen Medienrat und Deitenbeck anführte (Link oben).

Der SLM-Führung, insbesondere Medienratspräsident Michael Sagurna, wird angelastet, dass die Ansiedlung eines zweiten bundesweiten DAB+-Multiplexes in Leipzig nicht klappte. Sagurna fehlte in der entscheidenden Sitzung - so dass, so eine verbreitete Interpretation, ein anderer Bewerber zum Zuge kam (vgl. FLURFUNK vom 29.6.2017: "DAB+: SLM in der Kritik wegen Multiplex-Vergabe").

In der Folge zog der unterlegene Bieter aus Leipzig, der Investor Steffen Göpel, vor das Verwaltungsgericht (vgl. meedia vom 25.8.2017: "Juristischer Ärger um 2. DAB+ Multiplex: Leipziger Immobilienkönig Steffen Göpel zieht vors Verwaltungsgericht"). Dazu gab es erst im Dezember eine Entscheidung des Oberverwaltungsgericht (vgl. radioszene.de vom 19.1.2019: "2. DAB+ Bundesmux könnte kommen").

BILD schrieb am Mittwoch:

"Derweil hat die Sagurna-Anstalt in Geschäftsführer Martin Deitenbeck (58) vermutlich einen Sündenbock gefunden. Er wurde gefeuert."

In der aktuellen SLM-Pressemitteilung heißt es, die Deitenbeck-Personalie habe ausdrücklich nichts mit der Multiplex-Entscheidung zu tun.

Rechtsstreit mit SK um Wohnungskauf

Ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang fand im Dezember 2017 sein Ende: Die Sächsische Staatskanzlei (SK) und die SLM setzen sich vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) auseinander.

Grund für den Rechtsstreit ist der Erwerb einer Wohnung durch die SLM im Jahr 2013 - der Kaufpreis für die zur dienstlichen Nutzung angemietete Wohnung am SLM-Dienstsitz hatte deutlich über dem Verkehrswert gelegen, was die SK als Rechtsaufsicht bemängelt hatte.

Die SLM sah dadurch ihr Selbstverwaltungsrecht eingeschränkt und zog zur Klärung vor Gericht. Sie gewann schließlich den Prozess (vgl. FLURFUNK vom 5.1.2018: "OVG Bautzen: Urteil im Streit zwischen Staatskanzlei und SLM").

Zur politischen Bewertung des gesamten Vorgangs sei auch zur Lektüre empfohlen: "Sächsischer Landtag: vorerst keine Änderung des SLM-Gesetzes" (FLURFUNK vom 5.7.2018).

Dissonanzen zwischen Deitenbeck und Medienrat

Wie weiter oben schon angedeutet: Deitenbeck galt als angezählt. Was nun der konkrete Grund für die Trennung war, lässt sich gegenwärtig nicht in Erfahrung bringen.

Aus der Verwaltung ist zu hören, dass es schon länger nicht mehr zwischen dem Geschäftsführer Deitenbeck und dem Gremium harmonierte.

Dazu muss man wissen, dass sich Deitenbecks Rolle im Laufe der Zeit geändert hatte: Unter Sagurnas Vorgängern als Medienratspräsidenten hatte der Geschäftsführer deutlich mehr Einfluss - informierte Kreise meinen, der Medienrat sei früher sehr häufig den Empfehlungen von Deitenbeck gefolgt.

Auf der regulären Sitzung am Montag, den 4.2., dürfte es dann zum Bruch gekommen sein. Zumal, so heißt es, der Medienrat mehrfach Warnungen ausgesprochen habe, was das Handeln Deitenbecks betraf.

Dazu passt dann auch die Formulierung in der aktuellen Pressemitteilung: Die Gründe lägen "in erheblichen Differenzen zu wesentlichen Fragen der strategischen Ausrichtung der Arbeit der SLM".

Immerhin: Mit der aktuellen Pressemitteilung verschafft man beiden Seiten einen gesichtswahrenden Abschied - man wünscht ihm ja sogar, "dass er für die weitere Entwicklung des Rundfunks und der Medien in Deutschland seine Erfahrungen erfolgreich an anderer Stelle weiter einbringt."

Neuanfang für die SLM?

Bei den zahlreichen Gesprächen, die wir in den vergangenen Tagen zu der Personalie geführt haben, bleibt eine Aussage aus der Medienpolitik haften:

Man hoffe doch sehr, dass sich die SLM nach den ganzen schlechten Schlagzeilen nun wieder den Inhalten zuwenden würde: "Es wäre an der Zeit."

Transparenzhinweis: Die SLM war 2016 und 2017 Mitveranstalter unserer Veranstaltung #bsen und #bsen2

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