Bericht von der 211. Sitzung des MDR-Rundfunkrats

Guten Tag. Heute tagt wieder der MDR-Rundfunkrat und wir sind wieder live vor Ort. Die Tagesordnung zur Sitzung heute ist hier einsehbar.

Gerade läuft noch der nicht-öffentliche Teil. Themen sind das Gutachten zur Interessenkollision eines Rundfunkratsmitglieds (vgl. FLURFUNK vom 19.1.2023: "Nach Gutachten: Sandra Archut gibt MDR-Rundfunkratsmandat zurück"), die Zustimmung zur Fortführung des Produktionsverträge der ARD-Serien "Sturm der Liebe" (Staffel 24 und 25) und von "In aller Freundschaft" (Staffeln 27 und 28).

Im Moment stehen die Gäste noch vor der Tür – die Diskussion über das Gutachten hat offenkundig etwas länger gedauert.

Wie gehabt: Ich gebe hier nicht alle Details wieder, sondern nur ausgewählte Informationen, die mir relevant erscheinen.

Top 6 und 7

Der Vorsitzende Dietrich Bauer hat die Sitzung eben eröffnet und ist jetzt auch schon bei seinem Bericht.

Die GVK erarbeitet aktuell eine Stellungnahme zum Entwurf des 4. Medienstaatsvertrag.

Nun spricht Bauer über das Verfahren zwischen dem Beamtenbund und dem Rundfunkrat; der SBB beansprucht einen Sitz im Rundfunkrat (vgl. FLURFUNK vom 28.9.2022: "Streit um Rundfunkrat: Beamtenbund verklagt MDR-Rundfunkrat").

Außerdem gibt es eine Kommission, die aktuell an einer Aktualisierung der Satzung arbeitet. Erste Ergebnisse könnten im Mai vorgestellt werden.

Bericht der Intendantin

Karola Wille spricht als erstes über Medienpolitik. In Sachsen-Anhalt gibt es ein Kommission, die dem Landtag dort Vorschläge zur Reform der Öffentlich-Rechtlichen machen soll. Auch die Rundfunkkommission der Länder hat einen ähnlichen Beschluss gefasst, um sich mit der Reform der ÖRR zu beschäftigen.

Drei Reformfelder haben die Bundesländer genannt (hier die Beschlüsse als PDF): Die Gestaltung der digitalen Transformation und damit die Stärkung der Qualität, die Zusammenarbeit der Anstalten und als drittes Thema Governance - also die Unternehmensführung in den Anstalten.

In Punkt 1 erwarten die Länder die Entwicklung einer gemeinsamen Plattform – das habe die Intendanten durchaus etwas überrascht. Klar sei auch formuliert worden: Die Zusammenarbeit der einzelnen Anstalten müsse die Regel werden und nicht mehr die Ausnahme.

Die Länder haben außerdem beschlossen, einen Zukunftsrat einzusetzen; die soll schon in der nächsten Sitzung der Kommission gegründet werden (da werden gerade Vorschläge gesammelt).

"Brauchen mehr Geschwindigkeit"

Wille sagt, der MDR könne sich gestärkt fühlen durch die Beschlüsse - weil die schon beschlossenen Schritte in die richtige Richtung gehen. Sie sagt aber auch: "Wir brauchen mehr Geschwindigkeit in unserem Handeln."

Wille spricht jetzt noch über Compliance und Governance - sie unterstreicht, dass die Intendanten daran arbeiten werden, die Vorgaben im Sinne des Gesetzgebers umzusetzen.

Im neuen Staatsvertrag sei außerdem gefordert, kontinuierlich mit dem Publikum über das Thema Qualität im Dialog zu bleiben.

Wille spricht jetzt über die Verwaltungsreform, die die ÖRR-Sender der ARD unter Führung des MDR begonnen hat. Die Verwaltungsvorgänge werden dadurch ARD-weit standardisiert; das soll bis 2025 abgeschlossen sein.

"Das ist ein riesiges komplexes Projekt und ein riesen Reformschritt", sagt Wille. Darin liegen über 100 Mio. Euro Einsparpotential, so Wille.

Mehr ostdeutsche Perspektive

Es geht noch weiter: "Wir arbeiten an einer einheitlichen digitalen Infrastruktur über alle Häuser hinweg", führt Wille aus. Ziel müsste sein, es mit dem ZDF und dem Deutschlandfunk zu machen, "daran arbeiten wir", so Wille.

Auch die Kooperation zwischen den Häusern wird laut Wille ausgebaut, etwa durch die Einrichtung von Kompetenzzentren – um Ressourcen zu schonen oder einzusparen, um andere Dinge besser zu machen, so Wille.

Stichwort Publikumsdialog: Der wird voraussichtlich mit Gültigkeit des Staatsvertrag Pflicht werden. Wille spricht jetzt über "MDR fragt", das als Dialog-Instrument schon vorhanden ist. "Wir würden uns freuen, wenn das ARD-weit übernommen werden könnte", so Wille (sinngemäß).

Mehr ostdeutsche Perspektiven: Der MDR liegt bei der Produktion der Mittendrin-Rubrik an zweiter Stelle in der ARD. Das sei aber noch nicht ausreichend, so Wille.

Und noch ein Thema: Die Gespräche mit den Verlegern, die man konstruktiv fortsetzen will, um es straff zusammenzufassen. Sie hofft aber  u.a., dass der Gesetzgeber das Thema angeht, dass die ÖRR bislang nicht auf Pay-Angebote der Verlage verlinken dürfen. Nächstes Treffen ist wohl im Februar.

Brinkbäumer als Moderator

Solche Gespräche gibt es jetzt auch im Sendegebiet - mit dem Verlegerverband. Dort soll z.B. auch über Kooperationen und ein gutes Nebeneinander gesprochen werden (ob sie weiß, dass nicht alle Sendegebiets-Zeitung in dem Verband Mitglied sind?).

Abschließend noch eine Zahl: Der MDR will 10 Mio. im Sendegebiet investieren für Produktionen und Dokumentationen.

Es gibt eine Nachfrage von einem Rundfunkrat, u.a. zur Tätigkeit des Programmdirektors Klaus Brinkbäumer als Moderator bei Riverboat (vgl. FLURFUNK vom 11.1.2023: "Verstärkung für Kim Fischer: Klaus Brinkbäumer moderiert Riverboat"). Ob etwa ausgeschlossen sei, dass bei einer Programmbeschwerde zum Riverboat er nicht in das Verfahren eingebunden sei?

Brinkbäumer erklärt jetzt, wie es zu der Entscheidung gekommen ist: Er argumentiert u.a., dass seine Moderationen honorarfrei sind; er hat zehn Moderationen im Jahr und könne das durchaus bewältigen.

Ich lehne mich mal aus dem Fenster: Ich bin kein Riverboat-Gucker, habe mir die Sendung aber angeschaut und fand seine Moderation durchaus gelungen.

Es gibt noch eine Wortmeldung zum Thema (wie gesagt, ich gebe nicht alles wieder): Ein Rundfunkrat lobt die Moderation von Brinkbäumer.

Top 9: Bericht der Verwaltungsratsvorsitzenden

Jetzt wird es spannend: Birgit Diezel referiert jetzt. In ihrem Beitrag wird es u.a. über die Entscheidung des Verwaltungsrates gehen, Ralf Ludwig als nächsten Intendanten vorzuschlagen.

Vorher aber geht es noch um den Bericht des Rechnungshof (vgl. FLURFUNK vom 16.1.2023: "Rechnungshöfe fordern MDR zu Stellenabbau und mehr Sparsamkeit auf").

Wichtigstes Ergebnis aus Sicht des MDR-Verwaltungsrat: Es gab keine Verstöße gegen den Staatsvertrag und die Finanzordnung. Die öffentlich kolportierte Interpretation, der MDR sei pleite (die BILD schrieb das), sei zurückzuweisen. Man halte sich an die Vorgaben der KEF.

Sie spricht noch über weitere Themen, zum Beispiel über den Energiebericht des MDR, mit dem sich der Verwaltungsrat besfasst hat. Oder die Mitarbeit des Gremiums in der GVK. Ich gebe hier nicht alles wieder.

Nachfolge-Vorschlag für Karola Wille

Nun kommt es zur "Einbringung des Personalvorschlags des Verwaltungsrats für die Nachfolge der Intendantin". Der Vorschlag lautet Ralf Ludwig (vgl. FLURFUNK vom 13.1.2023: "MDR-Intendantenwahl: Verwaltungsrat schlägt Ralf Ludwig vor").

Diezel erläutert zunächst das Vorgehen des Verwaltungsrates - dieser Wunsch sei aus den Landesgruppen an sie herangetragen worden (es gab da wohl Unmut, wie uns zugetragen wurde).

Es gibt, so Diezel, keine Vorgaben seitens des Staatsvertrags, wie das Verfahren zu laufen hat. Man habe sich im Gremium Anfang Dezember darauf verständigt, die Stelle auszuschreiben und einen Dienstleister hinzuzuziehen.

Die Sichtung der Bewerbungen sei direkt nach Ende der Bewerbungsfrist erfolgt. Es gab mehrere Videoschalten und Konferenzen, von denen sie gerade die Daten vorgetragen hat (es waren viele).

Sie erläutert auch die Geheimhaltungsstufen.

29 Bewerbungen, drei Gespräche

Es gab 29 Bewerbungen. Ein Drittel waren Frauen, ein Drittel waren außerhalb des Medienbereichs. Ein Viertel der Bewerbungen waren interne Bewerbungen des MDR.

Sie erläutert auch noch mal die Auswahlkriterien: Ausbildung, Berufserfahrungen, in welchen Manangement-Ebenen, Branchen-Erfahrungen, medienpolitische Kenntnisse, kaufmännische Erfahrungen, Erfahrungen mit Reformen und Reformprozessen, Gremienerfahrungen, der regionale Bezug...

Man habe stundenlang Bewerbungen gesichtet und sich dann verständigt, wen man einlädt. Für die Gespräche gab es einen strukturierten Fragenkatalog.

Hintergrund (nach unseren Informationen): Es gab im Rahmen der Landesgruppensitzungen einigen Unmut bei Rundfunkräten, warum nur so wenige Kandidatinnen und Kandidaten (insgesamt drei) eingeladen worden sind.

Diezel weißt darauf hin: Der Beschluss zum Vorschlag sei einstimmig erfolgt.

Eben wurde auch noch erklärt, dass der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats Dirk Gläßer die Einladung zur beratenden Mitwirkung nicht angenommen hatte.

Nun zum Kandidaten: Ludwig erfülle die Anforderungen vollumfänglich, so Diezel. Für ihn sprechen seine Erfahrungen als Verwaltungsdirektor und auch Stellvertreter von Wille. Auch seine programmlichen Vorstellungen hätten den Verwaltungsrat überzeugt. Er leite aktuell das größte Reformprojekt in der ARD.

"Er sieht Reformen als Chance an!", betont Diezel. Er steht auch für hochwertigen Journalismus und Regionalität, führt sie aus. Und nennt weitere Begriffe wie: starke Kooperationen in der ARD, investigativen Journalismus und Stärkung der heimischen Produzentenlandschaft.

Sie beendet ihr - durchaus emotionales – Plädoyer mit einem Dank an die Gremienmitglieder und das Gremienbüro.

Diskussion über das Verfahren

Jetzt kommt es zu Nachfragen durch die Rundfunkratsmitglieder. Etwa die: Wie viele der weiblichen Bewerberinnen haben denn die Kriterien erfüllt?

Unsere Information: Es gibt wohl einigen Unmut darum, dass nur eine Frau eingeladen war.

Diezel antwortet: Wir haben uns bei der Auswahl auf die fachlichen Kriterien konzentriert und "nicht noch mal sortiert". Es gibt hier gerade ein Fragespiel nach den Kriterien...

Diezel beendet diese Diskussion mit: "Das ist Teil der inneren Meinungsbildung."

Aus den Nachfragen ("Wer hat den Personaldienstleister ausgewählt?") wird deutlich: Hier ist jemand nicht zufrieden mit dem Vorschlag.

Auch der nächste Beitrag äußert Kritik daran, dass nur eine Frau eingeladen war. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nur eine Frau gab, die die Kriterien erfüllt" (sinngemäß).

Nachfragen und Kritik

Diezel verweist darauf: Im Verwaltungsrat sitzen sechs Frauen und vier Männer; man habe primär auf die Qualifikationen geachtet.

"Wie viele der 29 Bewerber haben die formalen Kriterien erfüllt?", lautet eine weitere Nachfrage. Auch wird gefragt, warum der Verwaltungsrat dem Rundfunkrat nicht mehrere Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen habe.

"Die formalen Voraussetzungen und danach haben wir eine Besten-Auslese gemacht", sagt Diezel - mehr mag sie dazu nicht sagen. Dann habe man den besten Kandidaten vorgeschlagen.

Jetzt gibt es einen Wortbeitrag, der sich beim Verwaltungsrat bedankt für die Bemühungen und die ausführliche Darstellung des Verfahrens.

Und noch ein Beitrag: Eine Rundfunkrätin weist darauf hin, dass zwei Gremien jeweils eigenverantwortlich entscheiden müssen - das erfordere noch eine andere Art der Transparenz. Sie regt an, dass Verfahren zu überarbeiten.

Jetzt gibt es einen Fürsprecher-Beitrag für den ausgewählten Kandidaten und das Auswahlverfahren. "Ich finde, das Verfahren geht weit über das hinaus, was gesetzlich gefordert ist", sagt der Rundfunkrat.

"Ein riesiger Fortschritt"

Um mal einen persönlichen Eindruck wiederzugeben: Es geht hier gerade tatsächlich nicht um die Qualifikationen oder Kompetenzen von Ralf Ludwig, sondern vor allem um die eingeschränkte Auswahlmöglichkeit, an der sich die gerade diskutierenden Rundfunkratsmitglieder stören.

Jetzt wird noch einmal das Vorgehen des Verwaltungsrats gelobt: "Das ist ein riesengroßer Fortschritt im Vergleich zum vorangegangenen Verfahren", sagt ein Rundfunkrat (die Wahl von Wille). Das stimmt (meine persönliche Einschätzung).

Weiter geht's, ein weiterer Redebeitrag – jetzt gibt es nochmal eine Nachfrage nach den Kriterien. Und noch eine nach der Zahl der Kandidatinnen bzw. Kandidaten: Ob es richtig sei, dass es zehn Bewerbungen gab, die formal die Kriterien erfüllt hatten.

Eieiei, die Zahl der Wortbeiträge und die Länge der Diskussion zeigen: Es gibt hier einigen Unmut über die Entscheidung des Verwaltungsrates, nur drei Bewerberinnen bzw. Bewerber zum Gespräch einzuladen.

Ein Rundfunkrat fragt gerade erneut nach: Wenn man eine Bestenauswahl vorgenommen hat, kann das doch nicht nur auf Basis der Unterlagen erfolgt sein!

"Es geht um Vertrauen"

"Es geht doch darum dass wir hinterher wirklich ein Verfahren haben, das sattelfest ist, wenn es hinterher medial auseinandergenommen wird", sagt gerade ein Rundfunkrat. "Und den besten Kandidaten für die Aufgaben"  (sinngemäß), schiebt er hinterher. Ihn mache es sehr wütend, dass nicht alle geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten gehört worden seien.

Ich gebe nicht alle Wortbeiträge wieder.

"Es geht um Vertrauen", sagt gerade ein Rundfunkrat - und fordert deutlich mehr Transparenz. Man habe ein bisschen das Gefühl, es werde nicht alles auf den Tisch gelegt, sagt er.

Diezel antwortet: Man habe sich bemüht, sehr verantwortungsvoll mit der Sache umzugehen. "Ich nehme das mit dem Vertrauen auf. Ich habe Vertrauen in ihre Entscheidung", sagt sie.

Gegenrede zum Vorredner: "Ich halte das für ein blitzsauberes Verfahren", sagt ein anderes Rundfunkratsmitglied.

Ein anderer Rundfunkrat weist gerade darauf hin, dass es um Vertrauen ums Verfahren geht - und der Rundfunkrat bislang eben nicht Teil des Verfahrens war. Er plädiert dafür, das Vertrauensverhältnis zwischen den Gremien nicht durch die Diskussion zu beschädigen.

Wahltermin am 13.3.2023

Die Aussprache ist beendet - der Wahltermin wird wohl am Ende der Sitzung noch bekannt gegeben.

Nach unseren Informationen wird es die nächste Sitzung, der 13.3.2023. Es gab eine Diskussion, den Termin auf Februar vorzuverlegen. Der ist aber schon durch den Rundfunkratsvorsitzenden abgesagt.

Inzwischen laufen hier die Berichte aus den Landesgruppen und den Ausschüssen - die gebe ich heute nicht wieder (die Finger müssen etwas abkühlen).

Nur kurz der Einschub: Aus dem Bericht der Vorsitzenden vom Programmausschuss wird gerade deutlich: Die Fortsetzungen der Serien "Sturm der Liebe" und "In aller Freundschaft" ist im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung positiv entschieden worden.

Herbsttreffen der Medienfrauen

Die Berichte sind beendet, nun kommt Top 11: "Herbsttreffen der Medienfrauen". Das wird dieses Jahr am 29. und 30.9.2023 vom MDR organisiert, dazu gibt es eine Beschlussvorlage für den Rundfunkrat. Als Themen will man "Hass gegen Frauen" sowie "Sport und Diversität" in den Fokus zu nehmen.

Die übergroße Mehrheit hat soeben zugestimmt.

Top 12: Berichte aus den Programmbeiräten ARTE Deutschland und ARTE G.E.I.E. Auch die gebe ich hier jetzt nicht wieder.

Top 13: Wahl zum Intendanten am 13.3.

Dietrich Bauer verkündet, dass die Wahl zum Intendanten am 13.3. stattfinden soll – also wie ursprünglich geplant.

So, dass war's. Die Sitzung ist beendet. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit - bis zum nächsten Mal!

Hinweis 31.1.2023: Text noch mal gelesen und kleinere Korrekturen und Zwischenüberschriften eingefügt. 

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